Verfassungsschutz spionierte für Geheimdienste - Bundesamt-Chef Maaßen stimmte zu

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) soll nach Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung regelmäßig Daten an die NSA und andere US-Geheimdienste geliefert haben, im Austausch gegen Informationen und Spionagesoftware aus den Vereinigten Staaten.

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Von
  • Jürgen Seeger

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat nach Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung regelmäßig Daten an die National Security Agency (NSA) und andere US-Geheimdienste geliefert. Im Gegenzug hat der deutsche Inlandsgeheimdienst Informationen und Spionagesoftware aus den Vereinigten Staaten erhalten. Das geht aus einem geheim eingestuften Papier der Bundesregierung hervor, das dem NDR und der Süddeutschen Zeitung nach ihren Angaben vorliegt.

Demnach soll es zudem regelmäßige Treffen zwischen Vertretern der NSA und dem Bundesamt geben. So trifft sich ein NSA-Mitarbeiter wöchentlich mit deutschen Geheimdienstlern in der "BfV-Liegenschaft Treptow", um aktuelle Informationen aus der Islamismus-Abteilung des Verfassungsschutzes auszutauschen. Die Gespräche und Treffen seien dem Parlamentarischen Kontrollgremium bekannt, teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz auf Anfrage mit. Aus dem gleichen Grund trafen sich auch Auswerter beider Dienste in der NSA-Kaserne "Dagger-Complex" in Darmstadt. Darüber hinaus fänden Dienstreisen von BfV-Mitarbeitern in die USA statt, um sich dort mit NSA-Kollegen zu treffen. In den vergangenen vier Jahren sei daraus eine Partnerschaft mit gegenseitigem Nutzen erwachsen. Laut Dokument aus dem Bundesinnenministerium hat der Verfassungsschutz allein im vergangenen Jahr 864 Datensätze an Nachrichtendienste in den USA geliefert. Darüber hinaus übermittelte das BfV "regelmäßig bewertete Sachverhaltsdarstellungen" an seine amerikanischen Partner. An britische Geheimdienste wurden 657 "Datenübermittlungen" im Jahr 2012 gezählt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf nur auf deutschem Boden spionieren. Es liegt also nahe, dass der Inlandsgeheimdienst Informationen von abgehörten und überwachten Menschen in Deutschland an amerikanische und britische Dienste weitergibt. Um welche Personengruppen es sich handelt, wird in dem Papier nicht näher beschrieben. Das Amt verwies in seiner Antwort an den NDR darauf, dass es keine Auftragsarbeiten für ausländische Dienste ausführe, sondern Daten nur im Rahmen des gesetzlichen Auftrags erhebe.

BfV-Chef Maaßen soll dem Informationsaustausch zugestimmt haben. Auf Anfrage der SZ bestätigte das Bundesamt, dass es eng mit der NSA zusammenarbeite. Der Verfassungsschutz halte sich aber "strikt an seine gesetzlichen Befugnisse". Das Parlamentarische Kontrollgremium sei "vollumfänglich" informiert. So soll der deutsche Inlandsgeheimdienst auch "eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit" mit acht weiteren US-Diensten, etwa der CIA, unterhalten sowie einer bislang weithin unbekannten "Abteilung 15" der US Army Counterintelligence. Dieser hat wohl, wie ein Stellenangebot vermuten lässt, als Aufgabe "offensive Gegenspionage auf der ganzen Welt", der ausgeschriebener Einsatzort war Stuttgart.

Seit Sommer 2013 darf der Verfassungsschutz auch das Späh- und Analysesoftware XKeyscore testen. Sollte er es regelmäßig nutzen, besteht die Verpflichtung, alle Erkenntnisse mit der NSA zu teilen.

(js)