Polizei darf eigene Bewerber nicht über Polizeisystem ausforschen
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat dem Bereitschaftspolizeipräsidium Baden-Württemberg untersagt, Auskunft über einen Anwärter für den Polizeidienst aus dem eigenen polizeilichen Informationssystem einzuholen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat dem Bereitschaftspolizeipräsidium Baden-Württemberg untersagt, Auskunft über einen Anwärter für den Polizeidienst aus dem eigenen polizeilichen Informationssystem einzuholen. Die in Göppingen beheimatete Polizeibehörde dürfe diese Datenbestände nur zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben nutzen, stellte die 3. Kammer des Gerichts in einem jetzt bekanntgegebenen Beschluss (Az.: 3 K 1886/08) vom 1. August 2008 klar. Von dieser Befugnis umfasst sei nicht der Abgleich der Personendaten von Bewerbern für die eigenen Reihen. Zugleich rügten die Richter noch, dass die vom Polizeipräsidium abgefragten Informationen über ein eingestelltes Ermittlungsverfahren im Polizeisystem von vornherein zu lange gespeichert worden seien.
Geklagt hatte ein 20-jähriger Antragsteller, der sich beim Bereitschaftspolizeipräsidium um eine Einstellung in die mittlere Polizeilaufbahn zum 1. September dieses Jahres beworben hatte. Im Fragebogen bejahte er, schon einmal in ein staatsanwaltschaftliches Verfahren verwickelt gewesen zu sein. Dabei sei es um den "Verdacht auf unerlaubtes Entfernen" vom Unfallort gegangen. Hierzu legte er die Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom Dezember 2006 über die Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld und geringen Schadens bei. Im April teilte ihm das Bereitschaftspolizeipräsidium daraufhin mit, dass seine Bewerbung wegen des Ermittlungsverfahrens nicht berücksichtigt werden könne.
Das Verwaltungsgericht sah die Sache anders und entschied, dass das eingestellte Ermittlungsverfahren aller Voraussicht nach kein Hindernis für die Ernennung zum Polizeibeamten sein dürfte. Zwar seien bei der Einstellung eines Beamten im Rahmen seiner Eignungsprüfung auch strafrechtliche Verwicklungen von Bedeutung. Das Polizeipräsidium habe aber nicht dargelegt, dass das eingestellte Verfahren hinreichende Eignungsbedenken rechtfertige. Außerdem dürfe die Einstellungsbehörde nicht alle Tatsachen in diesem Zusammenhang ermitteln und verwerten. Sie habe vielmehr gesetzliche Regelungen zu beachten, die auch den Beamtenbewerber vor der "unbeschränkten Ausforschung seines Privatlebens" schützen würden. Dies habe das Präsidium im Falle des Antragstellers nicht beachtet, sondern sich das Ermittlungsverfahren durch eine Auskunft aus dem polizeilichen Informationssystem bestätigen lassen.
Weiter moniert die Kammer, dass der Antragsteller auf eine Art und Weise zur Offenlegung des eingestellten Ermittlungsverfahren gegen ihn "genötigt" worden sei, die seine Entscheidungsfreiheit unzulässig beeinflusst habe. Die ihm dabei abverlangte Einwilligung zu Datenabfragen sei unwirksam. Denn der Antragsteller sei nicht zuvor darüber belehrt worden, dass er ein Verschweigerecht nach dem Bundeszentralregistergesetz habe. Abverlangte Einwilligungen in die Nutzung von Personendaten dürften von Behörden aber nicht dazu genutzt werden, ihre hoheitlichen Befugnisse zu erweitern. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, da das Land Baden-Württemberg noch knapp zwei Wochen Einspruch gegen die Entscheidung erheben kann. (jk)