Der Anti-Sucht-Algorithmus

US-Mathematiker haben ein Modell entwickelt, das zeigt, wie sich Medikamentenmissbrauch verhindern lassen könnte.

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  • TR Online

US-Mathematiker haben ein Modell entwickelt, das zeigt, wie sich Medikamentenmissbrauch verhindern lassen könnte.

Vicodin ist ein verschreibungspflichtiges Schmerzmittel auf Basis des Opioids Hydrocodon, das laut aktuellen Schätzungen allein in den USA von mindestens zwei Millionen Menschen missbräuchlich verwendet wird. Entsprechend interessant ist die Frage, wie sich diese Sucht verhindern lässt – und vor allem, wie eine gute Vorbeugung aussehen könnte.

Wendy Caldwell von der University of Tennessee-Knoxville hat zusammen mit ihren Kollegen nun mehrere Empfehlungen erarbeitet, die auf einem neuartigen mathematischen Modell basieren. Es zeigt in nackten Zahlen, wie der Übergang zwischen regulärer Nutzung und Missbrauch von Vicodin üblicherweise verläuft.

Caldwells Algorithmen wirken auf den ersten Blick recht simpel: Zunächst nahm sie sich mit ihren Kollegen die Gesamtzahl der medizinischen Vicodin-Nutzer vor. Diese können nach dem Ende ihrer Behandlung entweder damit aufhören, das Medikament zu nehmen – dann verlassen sie diese Population. Oder sie werden zu chronischen Usern und etwas später dann zu Vicodin-Süchtigen.

Von den Süchtigen versucht wiederum ein gewisser Teil, sich behandeln zu lassen. Diese Behandlung ist entweder erfolgreich, woraufhin ein ehemals Abhängiger diese Schar verlassen kann. Oder sie schlägt nicht an – dann bleibt er Teil von ihr.

Das Forscherteam untersuchte im Anschluss verschiedene Parameter, die bestimmen, wie der Übergang zwischen den unterschiedlichen Populationen erfolgt. Ein wichtiger Faktor dabei ist natürlich der Behandlungserfolg, sollte sich ein Abhängiger in Therapie begeben. Aber auch der Zugriff eines Süchtigen auf seinen "Stoff" ist von entscheidender Bedeutung, was wiederum oft mit sozialen Interaktionen mit anderen Vicodin-Abhängigen zusammenhängt (von der Bereitstellung entsprechender Verschreibungen durch einen Arzt ganz abgesehen).

Caldwell und ihr Team meinen, dass ihr Modell klar zeigt, wie sich die Zahl der missbräuchlichen Anwendungen reduzieren lässt. "Wenn man an Vorsorgeparametern Veränderungen vornimmt, hat das einen deutlich größeren Einfluss auf die Süchtigenpopulation als bei Behandlungsparametern." Mit anderen Worten: Die Vorsorge ist besser als die Heilung.

Das Modell zeigt aber auch noch einen weiteren wichtigen Faktor: Die Rate, mit der Süchtige sich in Behandlung begeben, verändert die Süchtigenpopulation stärker, als die Erfolgsrate einer solchen Therapie.

Natürlich hat das Modell noch einige Haken. So reduziert sich die Zahl der medizinischen Nutzer von Vicodin laut der Datenlage von Caldwell und Team schon in den ersten paar Monaten dramatisch. Doch das scheint mit den tatsächlichen Erfahrungen nicht übereinzustimmen. Den Forschern zufolge hängt dies mit typischen Fluktuationen zusammen, die sich über einen längeren Zeitraum ausgleichen.

Die Wissenschaftler hoffen nun, dass Ärzte und Suchtpräventionsstellen von ihrem Modell profitieren können – und noch stärker als zuvor auf die Vorsorge achten. ()