Wissenschaft im Zeichen von Web 2.0

Entwickler und Betreiber von Repositories für freie wissenschaftliche Information (Open Access) trafen sich in Southampton auf der Konferenz Open Repositories 2008.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Ulrich Herb
  • Dr. Oliver Diedrich

Vom 1. bis 4. April fand in Southampton die Open Repositories 2008 statt, die diesjährige Konferenz der Open-Access-Repository-Entwickler und –Betreiber. Open Access, der entgeltfreie Zugang zu wissenschaftlichen Informationen, kennt zwei Varianten: Zum einen das Publizieren in kostenlos nutzbaren Online-Zeitschriften, zum anderen die zusätzliche kostenlose Bereitstellung von Artikeln, die zunächst in kostenpflichtigen Journalen erschienen sind, auf Open Access Repositories – denen widmet sich die jährliche stattfindende Open Repository.

Die Themen der diesjährigen Konferenz bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Web-2.0-Features, deren Übertragung in die Domäne wissenschaftlicher Fachinformationen einiges Kopfzerbrechen bereitet, althergebrachten Problemen bei der Verwaltung wissenschaftlicher Daten wie etwa der Autorenidentifikation und nicht zuletzt dem Content-Manko des Open Access.

Trotz offensichtlicher Vorteile des Open-Access-Publizierens wie einer erhöhten Sichtbarkeit und damit einhergehend häufigerem Zitieren scheint Open Access den meisten Wissenschaftlern nach wie vor fremd. So lautete auch das Fazit aus Peter Murray-Rusts Keynote. Das zusätzliche Veröffentlichen eines in einem Journal eingereichten Artikels auf einem Repository wird meist als unangemessener Aufwand empfunden, denn die Repositories sind mangelhaft in den akademischen Arbeitsprozess eingebunden. Unter dem Slogan "easy deposit" wurden Ansätze diskutiert, sie in diesen Prozess zu integrieren – etwa durch Publikationsumgebungen, die direkt mit dem Repository verzahnt sind, oder durch Tools, die den Upload in ein Repository aus der Arbeitsumgebung – gegebenenfalls sogar aus dem Textverarbeitungsprogramm heraus – initialisieren können. Connotea, das wissenschaftliche orientierte Social Bookmarking System der Nature Publishing Group, wird durch eine OpenID-Integration um eine Single-Sign-On-Komponente erweitert.

Selbst wenn Open Access nicht ohne Web-2.0-Features auskommt, erweisen sich viele 2.0-Techniken als für den wissenschaftlichen Kontext unpassend konzipiert. Der sich abzeichnende Trend zur Verwendung offener APIs und Bildung von Mashups führt zu Fragen der eindeutigen Identifikation unterschiedlicher Versionen eines Dokuments sowie gleicher Versionen eines Dokuments in unterschiedlichen Repositories.

Ähnlich schwierig gestaltet sich die eindeutige Identifikation von Autoren. In einem von der Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen (Royal Netherlands Academy of Arts and Sciences) vorgestellten Modell-Projekt wird versucht, das Problem durch die Verwendung von Persistent Identfiern zu lösen, wie sie heute in erster Linie zur Sicherung der Zitierfähigkeit von Dokumenten Anwendung finden. Wird ein Autor mit einem Persistent Identifier verbunden, erfolgt die Zuordnung seiner Publikationen nicht mehr zu seinem Namen – der sich bekanntermaßen ändern kann –, sondern zum abstrakten Persistent Identifier. Der Persistent Identifier für Autoren ist eine Entität, die alle Namen und Namenschreibweisen einer Person aggregiert und auf die dynamisch verlinkt werden kann.

Nachdem die ersten beiden Tage der Open Repositories 2008 geprägt waren von der Einbindung der Repositories in die wissenschaftliche Infrastruktur sowie Versuchen, das Prinzip des "user generated content" in Repositories zu übertragen und den Datentransfer zwischen Repositories und anderen Systemen zu erleichtern, widmete sich Tag drei dem Austausch innerhalb der Developer- und Anwendergruppen. Es wurden Neuentwicklungen der drei bedeutendsten Softwarepakete zum Betrieb von Repositories ausgetauscht: Das am MIT entwickelte DSpace, EPrints der School of Electronics and Computer Science der University Southampton sowie Fedora der Cornell University und der University of Virginia.

Der letzte Tag war Erweiterungen des Metadatenharvesting-Schemas der Open Archives Initiative OAI gewidmet. Das vor zirka acht Jahren entwickelte Protokoll zum Austausch der Metadaten wissenschaftlicher Dokumente ist einer der Grundbausteine zum Aufbau verteilter Open-Access-Server-Strukturen. Die Neuerungen im Modell OAI-ORE (Object Re-Use and Exchange) sollen die interne Struktur digitaler Objekte beschreiben, in dem sie die einzelne Bestandteile der Dokumente wie Animationen, Grafiken und Text und deren Verbindungen zu anderen Objekte in Repositories abbilden (etwa Zitate oder Links). (Ulrich Herb) / (odi)