Gericht verlangt Herausgabe der IP-Adressen von Benutzern des Erwerbslosenforums

Weil in dem Forum einige Nutzer Verständnis für eine schnell beendete Geiselnahme durch eine Arbeitslose in einem Aachener Jobcenter geäußert hatten, werden sie der "Volksverhetzung" bezichtigt.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Vor vier Wochen bereits wurde Martin Behrsing, der für das Erwerbslosenforum verantwortlich ist, vom Aachener Polizeipräsidenten, Abteilung Staatsschutz, zur Herausgabe der IP-Adressen von Teilnehmern des Onlineforums der Erwerbslosen aufgefordert. Sie sollen in einem Ermittlungsverfahren gegen Nutzer des Forums herangezogen werden.

Beschuldigt werden die Nutzer der "Volksverhetzung" und Billigung von Straftaten, weil sie einen Vorfall am 5. September zum Teil mit Verständnis kommentiert hatten. Eine 46-jährige Erwerbslose hatte an diesem Tag zwei Mitarbeiter des Jobcenters mit der Waffe bedroht und als Geiseln genommen. Nach knapp zwei Stunden war die Aktion unblutig beendet worden. Beispielsweise hatte sich ein Nutzer gefragt: "Was mich dabei wundert: Wieso kommt das nicht öfter vor?" Manche machten unter anderem willkürliche Sanktionen der Jobcenter mit für die Aktion verantwortlich.

Am Mittwoch hat nun das Amtsgericht Aachen dem Antrag der Staatsanwaltschaft nach Herausgabe der IP-Adressen stattgegeben. Martin Behrsing bezeichnet die Vorwürfe "maßlos übertrieben". Er erklärte, dass er Anwälte eingeschaltet habe, "um unsere Mitglieder vor derart überzogenen Verdächtigungen zu schützen. Der Staatsanwaltschaft so ohne Weiteres nachzugeben, würde bedeuten, dass sich viele Menschen bei uns nicht mehr sicher fühlen, die sich mit sehr vertraulichen Problemen an uns wenden. Es muss auch gestattet sein, dass man ein gewisses Verständnis für Menschen äußert, die offensichtlich unter Druck stehen und derartige Taten begehen. Das bedeutet aber keineswegs, dass damit Straftaten belohnt oder gebilligt werden."

Wie Behrsing gegenüber Telepolis betont, könne er auch gar keine Daten herausgeben, weil er keine besitzt: "Wir speichern die IP-Adressen grundsätzlich nicht", sagte er. In einer Mitteilung wies er darauf hin, "dass es keine gesetzliche Vorschrift gibt, wonach wir zur Speicherung von Internetdaten verpflichtet wären".

Siehe dazu auch in Telepolis:

(fr)