Britische Schule testet biometrisches Gesichtserkennungssystem

Mit der Einführung einer Pflicht zum Gesichtscannen soll bei einem Testlauf an einem College in Cambridgeshire die Anwesenheit von Schülern überwacht werden.

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Keine Chance mehr für Schwänzer oder Spätaufsteher: Das St. Neots Community College im britischen Cambridgeshire will von dieser Woche an ein System zur biometrischen Gesichtserkennung testen und damit die Anwesenheitspflicht der Schüler überwachen. Die Ausbildungsstätte setzt dabei laut britischen Medienberichten auf eine kostenlos zur Verfügung gestellte Technik der Firma Aurora aus Northampton, die nach Angaben des Herstellers die Schüler mit einem unsichtbaren Infrarotlicht über einen Meter Entfernung hinweg in 1,5 Sekunden identifizieren kann. Das Scannen soll während des Probelaufs aber nicht automatisch erfolgen. Vielmehr ist geplant, dass die Schüler anfangs zum Lesegerät gehen, eine PIN eingeben und sich dann verifizieren lassen.

Vergangene Woche hatte es zunächst geheißen, dass die erfassten Daten verschlüsselt auf einem Server der Schule gespeichert werden. Davon haben die Kooperationspartner inzwischen aber anscheinend Abstand genommen. So betonte Auroras Marketingchef Paul Coase jetzt gegenüber einer Lokalzeitung, dass während dem Test jenseits der für den Abgleich benötigten Templates keine Informationen aufbewahrt würden. Endziel sei es, die Scanner an Schulen im ganzen Vereinten Königreich für die Eingangskontrolle zu installieren. Den Preis pro System beziffert die britische Presse mit jeweils rund 1100 Euro.

Die bei Pink Floyd in die Schule gegangene Elternvereinigung "Leave Them Kids Alone" läuft Sturm gegen das Vorhaben. "Wenn Kinder sich daran gewöhnen, ihre Fingerabdrücke abzugeben oder in ein Gerät zu schauen, werden sie es in trivialen Situationen immer wieder tun", gibt David Clouter von der Initiative zu bedenken. "All diese Dinge spielen einem Big-Brother-Staat in die Arme. Sie könnten dazu führen, dass alle Datenbanken über einen Bürger zentral zusammengeführt würden." Gleichzeitig schwinde das persönliche Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern weiter. Zudem könne bei einer späteren Speicherung anfallender Daten niemand für deren Sicherheit garantieren. Ein Missbrauch etwa für Identitätsdiebstähle sei vorprogrammiert.

2003 hatte eine britische Schule mit einem Iris-Scanner experimentiert. Sie stellte den Test nach einem Jahr aber ein, nachdem die Erkennungsraten unbefriedigend waren und sich etwa vor der Ausgabe des Mittagsessen lange Schlangen bildeten. Fingerabdrucksysteme sind bereits weiter verbreitet. Eine Ausbildungsstätte ließ Schülern zudem RFID-Chips in die Uniform nähen. Der Test eines Gesichtserkennungssystems an einer Schule ist laut Coase aber eine weltweite Premiere. Andererseits haben die permanenten Datenverluste bei britischen Behörden und Unternehmen die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber derlei Überwachungsmaßnahmen und Datensammlungen wachsen lassen. So gingen im Innenministerium im vergangenen Jahr etwa persönliche Informationen über 127.000 Strafgefangene auf einem externen Speichergerät verloren. (Stefan Krempl) / (jk)