Bürgerrechtler: Datenschutz keine Verhandlungsmasse für Freihandelsabkommen mit den USA

Mit dem Transatlantic Trade and Investment Partnership soll Handelshemmnisse zwischen den USA und der EU abgebaut werden. Für US-Unternehmen gehören dazu auch strenge Datenschutzauflagen.

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Von
  • Monika Ermert

Vertreter mehrerer Bürgerrechtsgruppen haben auf dem 35. Internationalen Datenschützertreffen in Warschau davor gewarnt, Europas Datenschutz zur Verhandlungsmasse für das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA zu machen. Datenschutz sein keine Zollgebühr, die sich weg verhandeln lasse, sagte Anna Fielder von Privacy International, Organisatorin einer der Diskussionsrunden. Die Verhandlungen zur Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) gehen am 7. Oktober in Brüssel in die zweite Verhandlungsrunde. Ihr Ziel ist es, sogenannte nicht-tariffäre Handelshindernisse abzubauen.

Aus Sicht von US-Unternehmen gehören zu den Hindernissen auch strengere Datenschutzauflagen oder eine mögliche Residenzpflicht – etwa für Infrastrukturen. Die IT-Verbände fordern vor allem, Daten ungehindert austauschen zu können. Die zuständige US-Behörde International Trade Commission nennt in ihrem aktuellen Bericht Datenschutz neben der Zensur von Inhalten als Hauptbarriere für den digitalen Handel. US-Unternehmen sehen Probleme darin, dass die europäischen Datenschutzgesetze fragmentiert, inkonsistent, redundant und komplex seien, heißt es im Bericht der Behörde.

Datenschutz ist kein Thema für das TTIP, sagt Jan Philip Albrecht, Abgeordneter der Grünen im Europaparlament und Berichterstatter der von den USA skeptisch beäugten – und mit viel Lobbyarbeit bedachten – neuen Datenschutzgrundverordnung. "Wir wollen die geltenden Erlaubnisklauseln zu den Datenschutzgesetzen aus dem GATS-Abkommen bewahren", erläuterte Albrecht. Das GATS regelt allgemein den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO).

Der Dachverband European Digital Rights zeigte sich wenig beruhigt: Immer wieder hätten die europäischen Unterhändler eigene Datenschutzbestimmungen übergangen, etwa bei der Sammlung der Fluggastdaten oder der Bankdaten. Das ambitionierte umfassende Datenschutzabkommen zwischen der EU und den USA, das Justizkommissar Viviane Reding aushandeln will, kommt dagegen nicht vom Fleck.

Harte Debatten lieferten sich Vertreter der EU der USA in Warschau auch zur bisherigen Regelung "normaler" Datentransfers zwischen der EU und den USA, dem Safe-Harbour-Abkommen. Darunter zertifizieren sich US-Unternehmen selbst und bestätigen, dass sie einen europäischem Niveau vergleichbaren Datenschutz einhalten. Julie Brill, Kommissarin der US-amerikanischen Federal Trade Commission, monierte, die von EU-Vertretern gerügte mangelhafte Durchsetzung durch ihre Behörde beruhten teils auf veralteten Informationen.

Der bekannt gewordene Abfluss von Daten an US-Geheimdienste widerspreche dem Safe-Harbour-Abkommen überhaupt nicht, wandte der britische Datenschützer Caspar Bowden ein. Datenzugriffe auf der Basis von Anordnungen unter dem Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) fallen ohnehin nicht unter das Abkommen. Solche Ausnahmen für den Datenzugriff durch Strafverfolger oder die Nachrichtendienste geben es in allen Ländern, verteidigten sich die US-Juristen.

Das Safe-Harbour–Abkommen wird derzeit von der EU-Kommission evaluiert, der mit dem Gutachten zur Snowden-Affäre beauftragte Bowden nannte die Sicherheitslücken im Abkommen nicht behebbar. Sollten sich US-Vertreter beim Aufklären der Spähaffäre weiter unkooperativ zeigen, könnte sich das EU-Parlament am Ende selbst beim TTIP quer stellen, heißt es in Albrechts Büro. Der Antrag, die Verhandlungen auszusetzen, sei im Sommer nur recht knapp im Parlament gescheitert. (anw)