Achtung von Pressefreiheit und Bürgerrechten weltweit gesunken

Laut einem Report der Organisation Freedom House hat sich die Einhaltung demokratischer Grundwerte 2008 im dritten Jahr in Folge global gesehen verschlechtert, Obama dürfte den Trend in der Wirtschaftskrise kaum ändern können.

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Die Einhaltung demokratischer Grundwerte hat sich 2008 im dritten Jahr in Folge global gesehen verschlechtert. Das ist zumindest das Kernergebnis des Reports (PDF-Datei) "Freedom in the World 2009", den die US-Nichtregierungsorganisation Freedom House am heutigen Montag veröffentlicht hat. Die weitere Unterwanderung von Bürgerrechten und Pressefreiheit erklärt Arch Puddington, Leiter der zivilgesellschaftlichen Institution, mit den Reaktionen auf die "bunten" Revolutionen in früheren Ostblockländern wie der Ukraine. Mehrere mächtige Regimes weltweit hätten diese zum Anlass genommen, um mit gezielten und gewaltvollen Maßnahmen demokratische Reformer in den eigenen Ländern, deren internationale Unterstützung sowie die Idee der Demokratie selbst zu unterwandern.

Freedom House untersucht den Grad der politischen Freiheit in 193 Ländern unterteilt in 16 strategische Regionen. Dabei wird jedem Land ein Status zugeschrieben, der von "frei" über "teils frei" bis "unfrei" reicht. Insgesamt registriert der Bericht in 34 Ländern graduelle Verschlechterungen, in 14 Verbesserungen. In drei Ländern löste der Niedergang des Respekts vor demokratischen Werten eine Statusverschiebung nach unten aus. So werden Afghanistan und Mauretanien jetzt als unfrei geführt, Senegal als nur noch teils frei. Andere drei Ländern konnten ihr Ranking auf teils frei verbessern, und zwar Pakistan, die Malediven und Bhutan in Südostasien. Generell beklagen die Forscher Einbußen in südafrikanischen Ländern mit Ausnahme Südafrikas selbst.

Die USA, weite Teile Südamerikas und Europa können nach der Studie weiter als Bastionen der Pressefreiheit gelten. Die Medienkonzentration in Italien unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi sowie die jüngsten gewaltsamen Proteste in Griechenland führten bei beiden westeuropäischen Ländern aber zu Abzügen in der B-Note. Generell gelten den Analysten zufolge derzeit 89 Länder als frei und 42 als unfrei, wobei in ihnen 34 Prozent der Weltbevölkerung leben. Der Großteil mit 60 Prozent davon in China. 62 Länder werden im fragilen Zwischenbereich angesiedelt. Weiter aufgeführt wird die Zahl der Nationen mit demokratischen Wahlen, die sich um zwei auf 119 verringert hat. Temporär disqualifiziert wurden Mauretanien, Georgien, Venezuela und die Republik Zentralafrika.

Besonders schlecht abgeschnitten in der Gesamtwertung haben die acht Länder Nordkorea, Turkmenistan, Usbekistan, Libyen, Sudan, Burma, Guinea-Bissau und Somalia. Dazu kommen die beiden Provinzen Tibet und Tschetschenien. Nicht viel besser eingeschätzt wird die Situation in Ländern wie China, Kuba, Saudi-Arabien, Syrien, Südossetien oder Weißrussland.

Die Durchführung der Olympischen Spiele in China im vergangenen Jahr nimmt Freedom House zum Anlass, um prinzipiell gegen die "Belohnung" autoritärer Regimes mit internationalen Großveranstaltungen oder der Aufnahme in traditionelle Zirkel der Industrienationen zu plädieren. Viele Beobachter hätten in Folge der Olympiade eine Verbesserung des Umfelds für Menschenrechte im Reich der Mitte erwartet, schreibt Puddington. Diese Hoffnungen seien aber nie erfüllt worden. Stattdessen sei die Welt Zeuge eines "von sich selbst überzeugten, totalitären Spektakels" geworden. Während der Spiele habe Peking die bestehenden Restriktionen etwa für Blogger und Online-Journalisten sogar noch verstärkt und die Kontrollschraube bei Internetportalen sowie im Justizsystem angezogen. Wiederholt sei es zu Verhaftungen und "Umerziehungsmaßnahmen" gekommen. Dies mache wenig Hoffnungen für die Winterolympiade 2014 in Russland.

Die Wahl des Schwarzen Barack Obama zum künftigen US-Präsidenten ist auch für die Freiheitsbefürworter verknüpft mit der Erwartung, dass der von der Bush-Regierung gestartete "Krieg gegen den Terror" überdacht wird und Reformen im Lichte des Eintretens der USA für hohe Standards bei Bürgerrechten eingeführt werden. Inwieweit hier ein echter Wandel angesichts der Weltwirtschaftskrise erfolge, stehe aber auf einem anderen Blatt. Konkret rät Freedom House den Führern der westlichen Demokratien und vor allem Obama, wieder stärker auf die erprobten Mittel wie Diplomatie, Wahlen und andere Programme zur Missbilligung etwa von Zensur zu setzen. Gerade in Zeiten, in denen die Feinde der Demokratie rege am Werk seien, müsse insbesondere Washington kreative Strategien im Kampf für die Freiheit entwickeln. (Stefan Krempl) / (pmz)