Marktforscher: Unternehmen halten an XP fest und zögern bei Vista

Unternehmen halten loyal an Windows XP fest und zweifeln auch an der Stabilität von Vista. Die Migration auf alternative Betriebssysteme scheitere jedoch häufig an fehlenden plattformübergreifenden Tools, haben Marktforscher festgestellt.

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Von
  • Matthias Parbel

Ungeachtet der Tatsache, dass sich die Verkaufszahlen von Windows Vista weniger gut entwickeln, als von Microsoft erhofft, wird sich das neueste Betriebssystem aus Redmond zumindest auf privaten Rechnern schon mittelfristig durchsetzen. Ganz anders stellt sich die Situation aber beim professionellen Einsatz in Unternehmen dar. Aktuelle Umfragen verschiedener Marktforscher zeigen eine deutlich ausgeprägte Zurückhaltung der Geschäftskunden, wenn es um die Migration auf Vista geht. "Die Loyalität zu Windows XP ist das eigentliche Problem", bringt Forrester-Analyst Benjamin Gray die Lage auf den Punkt.

Forrester Research hatte rund 600 europäische und US-Firmen mit jeweils mehr als 1.000 Mitarbeitern befragt und dabei festgestellt, dass die Standardisierung der Rechnerlandschaft auf Windows XP noch immer rasante Fortschritte macht. Während die Unternehmen 2006 rund 67 Prozent ihrer PCs mit XP betrieben hatten, stieg der Anteil mittlerweile auf 84 Prozent. Damit habe das Betriebssystem nach Einschätzung von Gray zwar seinen Zenit überschritten. Abschreiben wolle er das 6 Jahre alte Windows XP aber noch lange nicht – vor allem nicht angesichts des noch ausstehenden Service Pack 3.

Die Migration auf ein neueres Betriebssystem zieht sich in Unternehmen typischerweise über mehrere Jahre hin. Die Forrester-Analysten erwarten, dass gut ein Drittel der Anwender Mitte 2008 mit dem unternehmensweiten Wechsel auf Vista starten werden. Dennoch bleiben Vorbehalte gegen das neueste OS aus Redmond: 38 Prozent der von Forrester befragten Unternehmen gaben an, derzeit keine konkreten Pläne für die Migration zu haben – weitere 14 Prozent hatten noch gar keine Entscheidung dazu getroffen. Unterdessen hat Microsoft eine weitere Möglichkeit geschaffen, sogar ältere Rechner mit einem "neuen" Windows XP auszurüsten.

"Außerdem hat sich gezeigt, dass viele Firmen von ihren ursprünglich aggressiven Migrationsabsichten wieder Abstand genommen haben", erläutert Gray. Noch im Mai 2006 hatten 40 Prozent der Unternehmen angekündigt, binnen des ersten Jahres der Markteinführung von Vista umzustellen. Bis Ende 2007 werden jedoch höchstens 7 Prozent diesen Schritt vollzogen haben. Zu hohe Kosten für Rechner mit mindestens 2 GByte Arbeitsspeicher – was von IT-Managern als notwendiges Minimum eingestuft wird – sowie eine größer als erwartete Zahl von Anwendungen mit fehlender Vista-Kompatibilität nennt Gray als zwei der wesentlichen Gründe für die schleppende Umstellung auf Vista.

Diane Hagglund von King Research hat zudem Zweifel an der Stabilität von Windows Vista ausgemacht. Das Marktforschungshaus hatte seinerseits, im Auftrag des System-Management-Anbieters Kace Networks, über 900 IT-Profis zum Einsatz von Vista befragt. 90 Prozent äußerten Bedenken im Hinblick auf die Migration auf Windows Vista – ein großer Teil davon bezog sich auf die Stabilität des Betriebssystems, erklärte Hagglund. Die Hälfte der Befragten gab sogar an, keine Pläne für einen Wechsel auf Vista zu verfolgen.

Vielmehr erwägen sogar 44 Prozent den Einsatz alternativer Plattformen wie Linux oder Mac OS, um einer Migration auf Vista aus dem Weg zu gehen. "9 Prozent der Wechselwilligen haben sogar schon konkrete Schritte für den Umstieg auf eine andere Plattform in die Wege geleitet", ergänzt Hagglund. Mit 28 Prozent rangiert Mac OS an der Spitze der Alternativsysteme, gefolgt von den Linux-Versionen Red Hat, Novell-Suse und Ubuntu. Nach Aussagen von zwei Dritteln der befragten IT-Profis erleichtere der Einsatz von Virtualisierungstechniken den Wechsel auf eine neue Betriebssystemplattform.

Einen Exodus aus dem Windows-Universum – Microsoft dominiert den Enterprise-Markt mit über 95 Prozent Marktanteil – wird es nach Einschätzung von Forrester-Analyst Gray aber keinesfalls geben. Häufig scheitere der Einsatz anderer Betriebssysteme schon an fehlenden System-Management-Tools, die plattformübergreifend unternehmensweit eingesetzt werden können. 60 Prozent der befragten Unternehmen verwenden Verwaltungswerkzeuge, die ausschließlich in Windows-Umgebungen funktionieren.

Ein rascherer Umstieg auf Vista wird jedoch auch durch einen Mangel an kompatibler Software verhindert. "Selbst unter den Firmen, die bereits auf Vista migrieren wollen, nutzen viele noch immer Applikationen, die bisher nicht in Vista-kompatiblen Versionen vorliegen", betont Gray. Zum Teil betreffe dies 10 bis 40 Prozent aller Anwendungen in diesen Unternehmen. Daher sei eine eher abwartende Haltung gegenüber Vista weit verbreitet, ergänzt Gray. (map)