Bundesregierung treibt Netzblockaden gegen Kinderpornografie voran

Nach einem Treffen mit Providern im Bundesinnenministerium ist die Regierung offenbar weiter entschlossen, mit Sperren den Zugang zu Kinderpornografie im Netz zu blockieren.

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Von
  • Torsten Kleinz

Nach dem heutigen Treffen von Regierungsvertretern und Zugangsanbietern im Bundesinnenministerium zu möglichen Blockaden von kinderpornografischen Inhalten im Netz scheint festzustehen: Die Bundesregierung will Internet-Sperren auch gegen den Widerstand der Provider durchsetzen. Eine Arbeitsgruppe soll nun die technischen und juristischen Details klären. Die Frage, ob Internet-Blockaden eingeführt werden, besteht für die beteiligten Minister offenbar nicht mehr – sie wollen nur noch über die Umsetzung verhandeln.

Über die Gespräche, an denen auf Regierungsseite Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und der Präsident des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke beteiligt waren, wahren beide Seite weitgehend Stillschweigen. Aus Teilnehmerkreisen war allerdings zu erfahren, dass die Minister "sehr entschlossen" seien, die Internet-Blockaden durchzusetzen. Marita Strasser vom Provider-Verband eco bestätigte lediglich, dass bei dem Treffen eine "konstruktive Atmosphäre" geherrscht habe. Die Experten auf Arbeitsebene sollen in den kommenden Monaten genauere Pläne einer "Zugangserschwerung für kinderpornografische Angebote" erarbeiten.

Die Bundesfamilienministerin will nun das Telemediengesetzes (TMG) überarbeiten lassen, um die Sperren durchzusetzen. Fachleute bezweifeln jedoch die Wirksamkeit solcher Sperren. Offiziell will das Bundesfamilienministerium mit der Blockade erreichen, dass der kommerzielle Markt für Kinderpornografie zusammenbricht. Auch habe die Zahl der Delikte in dem Bereich enorm zugenommen. Laut BKA-Statistik stieg die Zahl der Delikte im Bereich der Besitzverschaffung von Kinderpornografie im Internet von 2006 auf 2007 sogar um 111 Prozent auf 6206 Fälle.

Fachleute bezweifeln jedoch die Aussagekraft der Zahlen. Der Strafrechtler Udo Vetter verweist im Gespräch mit heise online darauf, dass die Zahl der anlassunabhängigen Recherchen zugenommen habe. "Der Ermittlungsdruck ist in den letzten Jahren stark gestiegen", meint Vetter, die Zahl der falsch Beschuldigten habe ebenfalls zugenommen. Dass man den Handel mit Kinderpornografie per Internet-Blockade eindämmen könne, bezweifelt Vetter.

"Die Behauptung, dass es einen Milliardenmarkt für Kinderpornografie gebe, halte ich meiner Erfahrung nach für falsch." Spätestens seit der umstrittenen Operation Mikado, bei der im vergangenen Jahr die Zahlungen von 22 Millionen Kreditkartenbesitzern nach verdächtigen Zahlungen überprüft wurden, sei der kommerzielle Markt für deutsche Abnehmer ohnehin uninteressant "Für Kinderpornografie gibt kaum ein Konsument Geld aus", meint der Anwalt. Stattdessen setzten die Konsumenten auf den Dateitausch auf unterschiedlichsten Wegen.

Die Provider bemühen sich nun um Schadensbegrenzung. Sie wollen abwarten, welche Vorschläge die Arbeitsgruppe der verschiedenen Bundesministerien in den nächsten Monaten vorlegen. Zumindest wollen die Unternehmen darauf bestehen, dass die Internet-Blockaden alleine für den Bereich Kinderpornografie eingeführt werden. Denn bereits jetzt melden sich weitere Interessenten für Webseiten-Sperrungen. So hatte die hessische Landesregierung im November bei einem ebenfalls internen Treffen versucht, die Sperrung von seit kurzem illegalen Online-Glücksspielseiten zu erreichen. (Torsten Kleinz) / (vbr)