NSA-Affäre: Überwachungsdebatte erreicht Großbritannien

Der für die Kontrolle der Geheimdienste zuständige Ausschuss des britischen Parlaments will sich mit den gesetzlichen Grundlagen der Überwachung beschäftigen. Aber auch die Rolle des Guardian bei den Enthüllungen soll untersucht werden.

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Der Geheimdienstausschuss des britischen Parlaments wird die gesetzlichen Grundlagen der staatlichen Überwachung privater Kommunikation untersuchen. Das kündigte der Ausschussvorsitzende Malcolm Rifkind mehr als vier Monate nach Beginn der Enthüllungen über die Überwachungsprogramme von NSA, GCHQ und verbündeter Geheimdienste an. Angesichts der Eingriffe in individuelle Rechte bei der "Suche nach der Nadel im Heuhaufen" müsse ein Ausgleich gefunden werden zwischen dem Recht des Einzelnen auf Privatsphäre und dem Recht der Gesellschaft auf Sicherheit, erklärte Rifkind.

Das eigentlich geheim tagende Gremium will auch die Öffentlichkeit anhören, dazu soll es unter anderem öffentliche Sitzungen geben. Insgesamt müsse geklärt werden, ob die gegenwärtigen gesetzlichen Regelungen zur Überwachung noch angemessen sind. Mitte Juli hatte der Ausschuss mitgeteilt, dass es keine Hinweise dafür gebe, dass der Geheimdienst GCHQ britische Gesetze umgangen habe, indem er per PRISM auf die Inhalte privater Kommunikation zugegriffen habe.

Die Überreste der beim Guardian zerstörten Computer

(Bild: Roger Tooth / Guardian)

Unterdessen ist die Tageszeitung The Guardian ebenfalls Gegenstand einer parlamentarischen Untersuchung. Der Vorsitzende des Ausschusses für innere Angelegenheiten im Unterhaus wolle sich mit der Rolle der Zeitung bei den Enthüllungen beschäftigen, berichtet das Blatt in eigener Sache. Das geschehe im Rahmen einer bereits laufenden Untersuchung von Anti-Terrormaßnahmen.

Zuvor hatte Premierminister David Cameron im Parlament erklärt, es sei "einfach Fakt", dass die Enthüllung "der nationalen Sicherheit geschadet habe". Die Zeitung habe dies auch eingestanden als "auf Anweisung meines Sicherheitsberaters und meines Kabinettssekretärs" die Dateien zerstört wurden, über die sie verfügte. Damit bezog sich Cameron direkt auf eine bizarre Aktion in den Kellern der Zeitungsredaktion. Dabei waren mehrere Computer zerstört worden, auf denen die Dokumente des NSA-Whistleblowers Edward Snowden gespeichert waren – obwohl mehrere Kopien existieren.

Der Guardian selbst hat die Äußerung Camerons auch bereits zurückgewiesen. Man habe die Dateien nicht zerstört, weil man einen Schaden der Enthüllungen anerkannt habe. Stattdessen habe man auf die Drohung der Regierung reagiert, mit juristischen Mitteln jegliche Berichterstattung über die NSA oder den GCHQ zu verhindern. Solch ein Verbot von Berichten vor deren Veröffentlichung sei in den USA undenkbar.

Seit Beginn der Enthüllungen nimmt der Guardian eine führende Rolle bei der Veröffentlichung des Materials von Edward Snowden ein. Guardian-Redakteur Glenn Greenwald hält engen Kontakt zu dem NSA-Whistleblower. Während die Enthüllungen in Deutschland und auch in den USA für eine teilweise heftige Debatte sorgten, blieb es in Großbritannien relativ ruhig.

Bis auf den Guardian hielten sich alle Zeitungen auffällig zurück. Als der Chef des britischen Inlandsgeheimdienstes den Guardian angriff, übernahmen andere Blätter seine Ansicht fast unkommentiert. Trotzdem hat damit auch auf der Insel eine Diskussion über die aufgedeckte Überwachung begonnen, in der auch kritische Stimmen zu Wort kommen. (mho)