Gut Holz?

Seit Kurzem ermitteln Wissenschaftler mit Genmarkern die Herkunft von Holz genauer als je zuvor. Die Methode soll helfen, den Handel mit illegal geschlagenen Bäumen zu unterbinden.

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Von
  • Klaus Sieg

Seit Kurzem ermitteln Wissenschaftler mit Genmarkern die Herkunft von Holz genauer als je zuvor. Die Methode soll helfen, den Handel mit illegal geschlagenen Bäumen zu unterbinden.

Eine der größten Bedrohungen für die Urwälder der Welt ist illegaler Holzeinschlag. Seit März verbietet die EU-Handelsverordnung, Produkte aus rechtswidrig gefällten Bäumen einzuführen. Ein Importeur muss nun Herkunft und Art des Holzes dokumentieren. Doch GPS-Daten über den Einschlagsplatz lassen sich leicht fälschen, Zertifikate lokaler Behörden durch Bestechung besorgen. Das Hamburger Thünen-Institut für Forstgenetik hat vor Kurzem eine Methode entwickelt, um mit Genmarkern die Herkunft von Holz zweifelsfrei zu bestimmen. Das Institut verfügt über eine Holzsammlung von über 37.000 Mustern aus 12.000 Arten.

Jedes Holz ist mit mikroskopischen Bildern und 120 Merkmalen in einer Datenbank erfasst. Damit konnte die Einrichtung bereits einige spektakuläre Fälle aufdecken. Nun laufen die ersten Projekte, um die Genmarker-Methode nicht nur in Europa, sondern auch in den Herkunftsländern anzuwenden – und den Handel mit illegal geschlagenem Holz bereits dort zu unterbinden.

"Wir können jetzt zweifelsfrei feststellen, ob die angegebene Baumart stimmt und wo das Holz herstammt", sagt Joseph Machua, Laborleiter vom Kenya Forestry Research Institute (KEFRI) in Nairobi, und stößt die Tür zum Labor auf. Die Luft ist zum Zerschneiden, englische und französische Sprachfetzen fliegen durch den Raum. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Gabun, Kongo, Ghana, Kamerun und der Zentralafrikanischen Republik stehen in weißen Kitteln an Labortischen und erlernen das Hamburger Verfahren. Am Vormittag haben sie im Wald gesehen, wie man Proben am Baum entnimmt. Jetzt zerstampfen sie Zellen aus der Wachstumsschicht ("Kambium") von Bäumen, zentrifugieren Proteine und Zellulose daraus, pipettieren Flüssigkeiten und linsen durch Mikroskope.

Liegt die Erbgutinformation vor, lässt sich mithilfe einer Referenzdatenbank bestimmen, woher genau die Holzprobe stammt – ob aus einem Naturschutzgebiet oder einer Plantage. Das ist schon aus wirtschaftlichen Gründen bedeutend für die Produzentenländer. "Holz ist unser zweitwichtigstes Exportprodukt", sagt die Wissenschaftlerin Ndeade Bourobou aus Gabun. "Wir müssen es in Zukunft zuverlässig zertifizieren." Auch die Händler haben ein großes Interesse daran. "Finden erst die Zöllner in Rotterdam heraus, dass eine Ladung aus einem Schutzgebiet stammt, drohen die Beschlagnahmung der Ware und eine Geldstrafe", so Bourobou. Sie soll in Gabun eine Referenzdatenbank für afrikanische Hölzer mit aufbauen, in der ihre Kollegen aus den anderen Produzentenländern des Kontinents recherchieren können.

Die Methode beruht auf einem einfachen biologischen Prinzip: Ein Baum verteilt sein Genmaterial über einen überschaubaren Raum. Das ermöglicht eine relativ genaue Verortung. Auf dieser Basis bauen die Wissenschaftler des Thünen-Instituts eine Genmarker-Datenbank für Holz aus der ganzen Welt auf, in der auch die Informationen aus Gabun enthalten sind. Im Auftrag des Thünen-Instituts sammeln belgische Forscher weltweit Proben. Die Herkunft von Merbau etwa, auch "Borneo Teak" genannt und eines der gewinnbringendsten Tropenhölzer, können die Wissenschaftler auf ein Areal von fünfzig Quadratkilometern genau bestimmen. Je feinmaschiger die Referenzproben gesammelt werden, desto genauer lässt sich mit der Datenbank die Herkunft von Holz bestimmen. "Das ließe sich mit weiteren Referenzen auf wenige Hektar herunterbrechen, was aber sehr teuer wäre", sagt Institutsleiter Bernd Degen.

Nach wie vor setzen viele Institute auf einen Herkunftsnachweis mittels der im Holz enthaltenen Isotope – so auch das Thünen-Institut. Das ermöglicht jedoch keine ausreichend genaue räumliche Eingrenzung und keinen Aufschluss über die botanische Art. Für den Kampf gegen den Handel mit illegalem Holz setzt man daher lieber auf die Bestimmung mittels Genmarker.

Gegenüber Gentests für Menschen, die sich seit rund zwanzig Jahren bewährt haben, bietet Holz allerdings besondere Herausforderungen: "Viele Störstoffe im Holz wie etwa Lignin erschweren das Isolieren der DNA", sagt Degen. Die Zellen lassen sich nicht so einfach aufbrechen. Zudem ist das Erbgut im alten Kernholz eines Baumes nur noch sehr bruchstückhaft oder gar nicht mehr vorhanden. Für die Referenzproben können die Wissenschaftler das frische Kambium nehmen. Doch kontrollieren müssen sie vielleicht eine Sperrholzplatte, in China zusammengeleimt, beklebt mit Furnieren aus der ganzen Welt, behandelt mit zahlreichen Chemikalien und großer Hitze.

Gerade die Kontrolle von Fertigprodukten ist wichtig, bisher aber nicht bei allen möglich. "Wir müssen unsere Methode immer weiter entwickeln", erklärt Bernd Degen. Ziel des Projektes ist es, irgendwann sogar die Herkunft von Cellulose ermitteln zu können.

Etwa 30.000 Baumarten wachsen auf der Erde, sechshundert bis achthundert werden gehandelt, rund sechzig von ihnen sind in der EU ökonomisch relevant. "Von fünfzehn dieser Arten haben wir die Basisdaten, sechs davon haben wir richtig im Griff", sagt Bernd Degen. Er und sein Team werden also noch eine Weile mit der weiteren Entwicklung der Genmarker-Methode beschäftigt sein. (bsc)