Überwachungsskandal: NSA hat auch Frankreich im Visier

Wenig überraschend hat der US-Geheimdienst auch Bürger und Einrichtungen in Frankreich im Visier. Das geht aus Geheimdokumenten des Whistleblowers Edward Snowden hervor, die französische Medien veröffentlich haben.

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Auch Bürger und Unternehmen in Frankreich sind laut Berichten der französischen Tageszeitung Le Monde durch den US-Auslandsgeheimdienst NSA überwacht worden. Telefongespräche französischer Bürger seien in gigantischem Ausmaß abgehört worden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Dokumente des Whistleblowers Edward Snowden. Darüber hinaus seien auch französische Netzbetreiber und Internetanbieter ins Visier des Geheimdienstes geraten.

Aus den Dokumenten gehe hervor, dass alleine von Anfang Dezember 2012 bis Anfang Januar 2013 die Daten von über 70 Millionen Telefonaten aufgezeichnet worden seien, schreibt Le Monde. Das umfasse die Mitschnitte der Gespräche und Kurznachrichten (SMS) sowie Metadaten der Verbindungen Die technischen Einrichtungen seien unter den Codenamen "DRTBOX" and "WHITEBOX" aufgeführt.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Die NSA führt dem Bericht zufolge das französische Überwachungsprogramm unter der Bezeichnung US-985D. Das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte im August berichtet, der Bundesnachrichtendienst (BND) leite unter den den Bezeichnungen "US-987LA" und "US-987-LB" Verbindungsdaten an die NSA weiter. Die Codes stehen vermutlich für NSA-Einrichtungen in einer US-Kaserne in Bad Aibling sowie bei der deutschen Fernmeldeaufklärung in Afghanistan.

Le Monde vermutet, dass diese Bezeichnungen für Programme im sogenannten "dritten Kreis" von Staaten wie Frankreich, Deutschland, Österreich oder Polen gilt. Der "zweite Kreis" umfasst englischsprachige Staaten mit historisch engen Beziehungen zu den USA: Das Vereinigte Königreich, Kanada, Australien und Neuseeland. Im ersten Kreis finden sich die zahlreichen US-amerikanischen Geheimdienste, von denen die NSA die erste Geige spielt.

Darüber hinaus hat die NSA auch französische Netzbetreiber und Internetprovider im Visier. Aus einem der von Snowden gelieferten Dokumente geht laut einem weiteren Bericht von Le Monde hervor, dass die NSA im Rahmen ihres "Upstream" genannten Programms auch E-Mail-Adressen des inzwischen zu Orange gehörenden französischen Providers Wanadoo sowie des Netzausrüsters Alcatel-Lucent überwacht. Bei "Upstream" werden Daten direkt an transnationalen Glasfaserkabeln oder Netzknoten abgegriffen – in Kooperation mit den Providern, die zum Teil finanziell entschädigt werden.

Le Monde sieht keinen Grund anzunehmen, dass die NSA andere Provider nicht im Visier habe. Die Regierung in Paris ist nach Angaben der BBC nicht erfreut über die Enthüllungen. Innenminister Manuel Valls bezeichnete es als "absolut inakzeptabel", dass ein Verbündeter in Frankreich spioniere. Außenminister Laurent Fabius habe den US-Botschafter einbestellt. (vbr)