NSA-Affäre: EU-Parlament will das SWIFT-Abkommen aussetzen

Die Abgeordneten haben die EU-Kommission im Lichte der US-Überwachung aufgefordert, die Übereinkunft zum Transfer von Bankdaten in die USA vorübergehend auf Eis zu legen. Zunächst seien Berichte über einen illegalen Zugriff aufzuklären.

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Das EU-Parlament hat am Mittwoch mit knapper Mehrheit die EU-Kommission aufgefordert, das Abkommen zum Bankdatentransfer zwischen der EU und den USA von 2010 angesichts des NSA-Überwachungsskandals "vorübergehend auszusetzen". Für einen gemeinsamen Entschließungsantrag der Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen stimmten nach leichten Änderungen 280 Abgeordnete. Die Linken hatten dafür plädiert, die Übereinkunft sofort zu beenden, die konservative Europäische Volkspartei (EVP) wollte sie aufrechterhalten und plädierte dafür, ein paralleles EU-System aufzubauen, um Finanzinformationen zur Terrorismusbekämpfung auszuwerten.

Nicht durchsetzten konnte sich die EVP auch mit einem Antrag, die Abstimmung zu verschieben. Der CSU-Politiker Manfred Weber hatte dafür mit dem Argument geworben, dass eine Delegation des Innenausschusses nächste Woche in die USA fliege und Gespräche mit den Zuständigen vor Ort führen wolle. Die Resolution ist für die Kommission nicht bindend. Die Abgeordneten betonen darin aber darin ihre Absicht, dass die Kommission tätig werden müsse.

Das Abkommen erlaubt es, Überweisungsinformationen des Finanznetzwerks SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) weiterzugeben. Die in Belgien angesiedelte Genossenschaft bündelt Überweisungsinformationen von rund 10.000 Banken aus über 212 Ländern. Washington speist die übermittelten Bankdaten in das Anti-Terror-Programm TFTP (TerroristFinance Tracking Program) ein. Es soll helfen, Finanzquellen des internationalen Terrorismus aufzudecken und zu kappen.

Nach den Enthüllungen über die umfassende NSA-Überwachung großer Teile der weltweiten Online-Kommunikation zweifelten viele Abgeordnete an der Sicherheit europäischer Bankdaten. Berichte auf Basis von Dokumenten des Whistleblowers Edward Snowden legen nahe, dass der US-Geheimdienst und sein britischer Partner GCHQ die Infrastruktur von SWIFT gehackt und diese auf mehreren Ebenen angezapft haben. Diese Meldungen über rechtswidrige Zugriffe sollen nun zunächst restlos aufgeklärt werden.

Für die Parlamentarier war in einer Anhörung im Innenausschuss im September fraglich, inwiefern ein rechtmäßiger Zugang zu SWIFT-Daten für die US-Regierung überhaupt noch sinnvoll sei, wenn die NSA sich die Finanzinformationen ohnehin illegal über Hintertüren verschaffe. SWIFT-Justiziarin Blanche Petre hielt dagegen, dass das Unternehmen "keine Nachweise für einen unautorisierten Zugang zu unseren Netzwerken oder Daten" habe.

Laut einem Kommissionsbericht führen US-Behörden pro Monat durchschnittlich 1590 Suchanfragen in den weitergegebenen Überweisungsinformationen durch. Datenschützer monieren seit Langem, dass mit Europol eine Sicherheitsbehörde über Anfragen Washingtons "wachen" soll und es keine konkreten Anhaltspunkte über das tatsächliche Ausmaß und den Umfang der übermittelten Daten gebe. Die US-Regierung sieht die Auskünfte dagegen als zentral an für ihr gesamtes Terrorabwehrprogramm.

Die Volksvertreter zeigen sich jetzt auch besorgt darüber, dass das Übereinkommen nicht nach den darin enthaltenen Datenschutzbestimmungen umgesetzt wurde. Alle EU-Gremien müssten sorgfältig prüfen, wie sich künftige Optionen des Transfers personenbezogener Informationen auswirkten. (anw)