Die Sonne schwächelt

Das gegenwärtige Minimum des 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus dauert länger als erwartet. Experten warnen aber schon vor heftigen Stürmen im kommenden Sonnenfleckenmaximum, das ab 2012 eintreten wird.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 377 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Urs Mansmann

Die Sonnenaktivität sollte eigentlich schon seit vielen Monaten wieder einen Aufwärtstrend zeigen, denn üblicherweise beträgt die Länge eines Zyklus um 11 Jahre und das letzte Sonnenfleckenminimum fand bereits im September 1996 statt. Von neuer Aktivität ist aber bislang wenig zu sehen. Meist zeigt sich das Zentralgestirn fleckenlos – in den letzten beiden Jahren ein fast schon gewohntes Bild. Die wenigen Flecken, die in den zurückliegenden Monaten für jeweils einige Tage erschienen, gehörten aber bereits zum neuen Sonnenfleckenzyklus, erkenntlich an ihrer Position in höheren Breitengraden und an ihrer magnetischen Ausrichtung.

Noch divergieren die Vorhersagen, wie stark der kommende Zyklus 24 ausfallen wird, erheblich zwischen den verschiedenen Forschergruppen. Selbst der späte Beginn erlaubt offenbar noch keine zuverlässigen Rückschlüsse. Einige Forscher haben aber ihre Vorhersagen bereits vorsichtig nach unten korrigiert. Der kommende Zyklus dürfte demnach eher im Mittelfeld liegen. Nachdem die Maxima der vergangenen 100 Jahre mehrheitlich sehr hoch ausgefallen waren, bedeutet das einen Rückgang der Aktivität.

Derzeit ist noch nicht einmal klar, ob und wann das Sonnenfleckenminimum stattgefunden hat. Die täglich ermittelten Sonnenfleckenzahlen schwanken sehr stark. Sie werden daher monatlich gemittelt, die Monatswerte nochmals geglättet. Der geglättete Wert entspricht dem Schnitt des jeweiligen Monats und der sechs vorangegangenen und folgenden. Frühester Kandidat für das aktuelle Minimum ist der Juli 2008. Bleiben die Sonnenfleckenzahlen weiterhin bei fast Null, könnte das Minimum aber auf einen noch späteren Zeitpunkt fallen.

Die NASA warnt bereits vor möglichen katastrophalen Auswirkungen der bald wieder ansteigenden Sonnenaktivität. Die Warnungen sind, ähnlich wie die vor Meteoriteneinschlägen, durchaus berechtigt, auch wenn der Eintritt einer Katastrophe eher unwahrscheinlich ist. Aus der Luft gegriffen sind die Szenarien der Forscher jedenfalls nicht. Starke Ausbrüche auf der Sonne führten in der Vergangenheit immer wieder zu Stromausfällen oder dem Verlust einzelner Satelliten.

Der bislang größte beobachtete Ausbruch auf der Sonne. fand am 1. September 1859 statt. Der Astronom Richard Carrington entdeckte zufällig bei seinen Beobachtungen für wenige Minuten ein blendend helles Licht auf der im Vergleich dazu dunklen Sonnenscheibe und verfasste dazu einen ausführlichen Bericht. Rund 18 Stunden später brach auf der Erde ein äußerst heftiger geomagnetischer Sturm los, als die von der Sonne ausgestoßene Materiewolke die Erde erreichte. Die dabei entstehenden Nordlichter waren sogar in den Tropen zu sehen und so hell, dass sie das Lesen einer Zeitung erlaubten. Die Telegrafenleitungen weltweit brachen zusammen -- vom Erdmagnetfeld induzierte Ströme in Fernleitungen führten in Skandinavien sogar zu Bränden an Telegrafenanlagen.

Wie heftig die Ausbrüche auf der Sonne in einigen Jahren ausfallen werden, vermag noch niemand vorherzusagen. Ein Sonnenfleckenmaximum mit niedriger Gesamtaktivität ist aber keine Garantie für einen glimpflichen Verlauf: Das Ereignis von 1859 beispielsweise fand in einem Zyklus mit gerade einmal durchschnittlichen Sonnenfleckenzahlen statt. Würde heute ein vergleichbarer Ausbruch auf der Sonne stattfinden, wäre mit massiven Schäden an der Infrastruktur von Strom- und Kommunikationsnetzen zu rechnen, deren Behebung Wochen oder Monate dauern könnte, so die Forscher.

Auch Satelliten wären dann gefährdet. Das Bombardement hochenergetischer Teilchen kann die Elektronik von Satelliten komplett zerstören und dadurch zum Totalverlust führen. In den zurückliegenden Jahren stieß das bei heftigen Ausbrüchen auf der Sonne nur einzelnen Satelliten zu, der ganz große Sturm könnte aber dazu führen, dass eine ganze Reihe von Satelliten zerstört wird.

Fällt das Sonnenfleckenmaximum sehr niedrig aus, droht hingegen eine andere Gefahr: Das in solchen Zyklen schwach ausgeprägte Magnetfeld der Sonne und der geringe Druck des Sonnenwinds führen zu einem Anstieg der kosmischen Strahlung im Sonnensystem. Diese wiederum belastet die Besatzungen von Raumfahrzeugen. Das wären schlechte Voraussetzungen für die bemannte Raumfahrt, auch wenn auf der Sonne dann nicht mit großen Ausbrüchen zu rechnen wäre. (uma)