Jugendschutzaufsicht fühlt sich nicht für Kinderporno-Sperren zuständig

Die Kommission für Jugendmedienschutz der Länder hält bei Kinderpornographie den Opferschutz und die Täterermittlung für wichtiger als Web-Blockaden, will sich aber trotzdem für Gesetzesverschärfungen einsetzen.

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Die Kommission für Jugendmedienschutz der Länder (KJM) betrachtet den umkämpften Vorstoß des Bundeskriminalamts (BKA) und von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zum Sperren kinderpornographischer Webseiten skeptisch. Der Kampf gegen Kinderpornographie im Internet sei "selbstverständlich zu begrüßen", schreibt die Aufsichtsbehörde in ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht (PDF-Datei). "Es handelt sich aber um einen Bereich, der außerhalb der Zuständigkeit der KJM und außerhalb des Jugendmedienschutzes liegt." Bei Kinderpornographie im Netz müssten vielmehr "der Opferschutz und die Täterermittlung" im Vordergrund stehen. Entdeckte Fälle würden daher unverzüglich an die Strafverfolger beziehungsweise direkt ans BKA weitergeleitet.

Die KJM hatte im vergangenen Jahr selbst zwei Gutachten zu rechtlichen und technischen Problemen von Web-Blockaden in Auftrag gegeben. Daraus geht für sie hervor, dass "trotz Schwierigkeiten in der Praxis" Sperrungsanordnungen grundsätzlich möglich seien. Diese Maßnahme werde die KJM bei einem Scheitern der eigenen Gespräche mit Wirtschaftsverbänden über "freiwillige Lösungen wie im Bereich der Suchmaschinen" nutzen.

Zudem will sich die KJM nach eigenen Angaben für nicht näher erläuterte "Gesetzesverschärfungen" einsetzen, um die Internetprovider "zukünftig stärker in die Pflicht zu nehmen". Obwohl Kinderpornographie auch im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) ausdrücklich verboten wird und die KJM für die Überwachung dieser Bestimmungen grundsätzlich mit zuständig ist, scheinen ihr generelle Sperrverpflichtungen der Zugangsanbieter aber trotzdem suspekt.

Laut dem Bericht strebt die KJM bei einem weiteren Streitpunkt der Genehmigung von Jugendschutzprogrammen für nutzerautonome Filterprogramme jetzt eine "Gesamtlösung" an. Die umfangreichen Auflagen aus Paragraph 11 JMStV für derlei Lösungen hätten sich dabei als "nicht umsetzbar erwiesen". Es bestehe in der Öffentlichkeit aber ein großer Bedarf an Filterprogrammen fürs Internet und somit entsprechender Handlungsdruck. Die KJM plädiert daher für die Einrichtung eines Konsortiums nach Vorbild der Initiative "Ein Netz für Kinder" des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, um nach den Auseinandersetzungen etwa um die ICRA (Internet Content Rating Association) einen gemeinsamen Ansatz entwickeln.

Besser bewertet die KJM die technische Jugenschutzmaßnahmen von Inhalteanbietern für geschlossene Benutzergrupen. Die eigenen Eckwerte hier hätten sich zu einer Art "Gütesiegel" entwickelt und durchgesetzt. So seien deutsche Pornographieseiten deutlich weniger zugänglich. Auch in anderen Bereichen jugendgefährdender Inhalte werde zunehmend auf abgegrenzte Communities "mit dem hohen Schutzniveau" der KJM gesetzt.

Generell führte die KJM im zweiten Halbjahr 2008 über 380 Einzelprüfungen aus Rundfunk und Telemedien durch. 120 bezogen sich dabei auf das Internet, von denen 50 abschließend bewertet werden konnten. Bei knapp 20 davon sei aufgrund pornographischer Inhalte ein Verstoß gegen den JMStV festgestellt worden, bei einem Angebot habe es sich um eine bereits indizierte Webseite gehandelt. In gut 25 Fällen sei das Verfahren eingestellt worden. Zudem sei bei rund 60 Angeboten eine Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien beantragt worden. (Stefan Krempl) / (anw)