Zu viel Rummel um das Y2K-Problem?

Nachdem das befürchtete Computer-Chaos nicht eingetreten ist, glauben viele, das Jahr-2000-Problem sei nur herbeigeredet worden.

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Von
  • Christoph Dernbach
  • dpa

Pessimisten hatten für die Silvesternacht vor Katastrophen wie Flugzeugabstürzen, großflächigen Stromausfällen und einem riesigen Chaos in allen Bereichen des öffentlichen Lebens gewarnt. Doch die Computer in aller Welt haben bislang ohne größere Probleme den Wechsel ins Jahr 2000 verkraftet. Nun stellen sich viele Menschen die Frage, ob der ganze Rummel um das Jahr-2000-Problem nicht völlig übertrieben war.

Diesen Einwand wollen Experten aber nicht gelten lassen: "Alle, die in den vergangenen Monaten an diesem Problem gearbeitet haben, wissen genau, welche gravierenden Fehler aufgetreten wären, wenn man nichts getan hätte", sagte Frank Sempert von der Initiative 2000, einem Zusammenschluss großer Unternehmen der Informationstechnologie. "Es wäre aber ein Wunder gewesen, wenn nach all diesen Vorbereitungen noch Ernsthaftes passiert wäre."

Die weltweite Wirtschaft war Mitte der neunziger Jahre durch erste düstere Prognosen zum Jahr-2000-Problem aufgeschreckt worden. 1997 sagte der renommierte Wall-Street-Ökonom Edward Yardeni voraus, dass durch fehlerhafte Computer und Software eine globale Wirtschaftskrise wie beim Ölschock Mitte der siebziger Jahre drohe. Inzwischen rückt der Chefökonom der Deutschen Bank Securities etwas von dieser Aussage ab. Zum Entspannen sei es aber noch zu früh, meint Yardeni.

Niemand kann genau sagen, wie viel Unternehmungen und Regierungen ausgegeben haben, um ein Jahr-2000-Computerchaos abzuwenden. Die Schätzungen reichen von rund 600 Milliarden bis 1,2 Billionen Mark. Deutschland gehörte zu den Ländern, die mit erheblichen finanziellen Aufwand gegen den Jahr-2000-Fehler vorgegangen waren. Allein die Deutsche Telekom gab rund 300 Millionen Mark aus, um ihre Anlagen auf den Jahreswechsel vorzubereiten. Hätte die Telekom darauf verzichtet, wären viele Vermittlungsstellen ausgefallen, Telefonrechnungen wären falsch berechnet worden.

Der amerikanische Computerriese IBM investierte sogar umgerechnet 1,1 Milliarden Mark, damit die eigenen Rechner das Jahr 2000 unbeschadet erreichen. Der Lohn: In der Silvesternacht meldete sich kein einziger Kunde mit einem Jahr-2000-Problem.

"Wenn wir nicht diesen Aufwand getrieben hätten, wäre das Chaos ausgebrochen", ist sich Andy Kyte, der Jahr-2000-Experte der US- Beratungsfirma GartnerGroup, sicher. "Wir hätten ernsthafte Zusammenbrüche in wichtigen Computersystemen im öffentlichen und privaten Bereich erlebt, die zu massiven Störungen im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben geführt hätten."

In den 24 Stunden geöffneten Supermärkten der USA sprach sich in der Silvesternacht die gute Botschaft schnell herum. Die Kunden legten nach Mitternacht nicht mehr Notfall-Artikel wie Batterien und Wasserflaschen in die Einkaufswagen, sondern kauften stattdessen Bier und Wein, berichtete eine Sprecherin der Kette "7-Eleven".

Computerexperten befürchten nun aber, dass mancher am Montag, dem ersten Arbeitstag im neuen Jahr, mit einem Jahr-2000-Kater aufwachen wird. "Dann müssen sich Unternehmen mit widerspenstigen Bürosystemen, Durcheinander im Rechnungswesen und fehlerhaften Datenerfassungs-Anwendungen befassen", sagte der Vizepräsident des Beratungsunternehmens IDC, John Gantz.

Auch Bill Gates befürchtet, dass zumindest kleinere Störungen auftreten werden: "Es gibt noch etliche Probleme, die bislang nicht entdeckt worden sind", sagte der Microsoft-Chef. "Da gibt es noch etwas Durcheinander, das aufgeräumt werden muss." (Christoph Dernbach, dpa) (cp)