Australien: Internet-Zensur gerät ins Wanken

Im australischen Parlament regt sich Widerstand gegen den geplanten Webfilter: Die Regierung solle stattdessen Eltern besser aufklären und Tauschbörsen trockenlegen, fordert ein Senator.

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Die australische Regierung will Internet-Filter einführen, verliert aber zunehmend politischen Rückhalt: Der parteilose Senator Nick Xenophon hat heute angekündigt, gegen ein Gesetz zur Webzensur stimmen zu wollen, die ablehnende Haltung der Grünen ist bereits länger bekannt. Sollte sich auch die Liberal Party, die größte Oppositionspartei, gegen die Filter aussprechen, dürfte die regierende Labor Party im Senat keine Mehrheit erreichen.

"Die Motive der Regierung sind löblich, aber die Umsetzung könnte kontraproduktiv sein und ich denke, das Geld kann man sinnvoller ausgeben", sagte Xenophon dem Sidney Morning Herald. Man solle lieber den Eltern beibringen, die Online-Aktivitäten ihrer Kinder zu überwachen. Die Verbreitung von Kinderpornographie könne die Polizei durch "die Zerschlagung von P2P-Netzwerken" effektiver eindämmen, betonte er.

Ein Sprecher des Labor-Telekommunikationsminister Stephen Conroy teilte dem Radiosender ABC dazu mit, dass noch geprüft werde, ob die Webfilter auch ohne Gesetz eingeführt werden könnten. Ob Regulierungsmaßnahmen dafür ausreichen, ist unter Juristen umstritten. Conroy hatte seine Pläne kurz nach dem Wahlsieg seiner Partei im Dezember 2007 vorgestellt. Das Filtersystem zielt vor allem auf Webseiten aus dem Ausland, gegen die die australische Regierung rechtlich nicht vorgehen kann.

Die zu sperrenden Domains soll die ACMA identifizieren, die Regulierungsbehörde für Rundfunk und Telekommunikation. Ursprünglich sollte ausschließlich die illegale Kinderpornographie auf diesen Index wandern. Am 4. Februar 2009 gab Minister Conroy auf eine parlamentarische Anfrage hin bekannt, dass 506 der 1370 Webseiten auf der Blacklist ausschließlich legale Formen von Pornografie enthalten ("R18+" und "X18+").

Inzwischen haben sechs Internet-Provider zugestimmt, die Technik in der Praxis zu erproben. Conroy nannte bislang jedoch keinen Starttermin für den Pilotversuch. Experten bemängeln, dass die drei größten Provider des Landes (Telstra, Optus and iiNet) nicht an dem Test teilnehmen.

Bürgerrechtsverbände wie die Digital Liberty Coalition befürchten, dass sich die Zensurpläne nach und nach ausweiten, bis hin zu Inhalten, die der Regierung politisch nicht genehm sind. In Deutschland kämpft Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen an zwei Fronten für das Sperren von Kinderpornografie-Seiten: Neben einer freiwilligen Vereinbarung mit den Providern strebt sie auch eine Änderung des Telemediengesetzes an.

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(cwo)