Forderung nach strikter Hotspot-Regulierung in Frankreich

Die französische Kulturministerin schlägt vor, dass über öffentliche Hotspots nur noch ausgewählte Seiten erreichbar sein sollen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 92 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die französische Kulturministerin Christine Albanel drängt in ihrem Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet auf massive Beschränkungen öffentlicher WLAN-Zugänge. Geht es nach der Politikerin der konservativen Partei UMP, sollen öffentliche Hotspots nur noch auf einer "weißen Liste" verzeichnete Online-Angebote zugänglich machen. Damit will die Ministerin laut französischen Medienberichten vor allem illegale Filesharing-Aktivitäten über frei zugängliche WLAN-Knoten ausschließen. Albanels will so erreichen, dass die in Frankreich geplanten Internet-Sperren bei wiederholten Urheberrechtsverstößen nicht ins Leere laufen, weil die Betroffenen dann auf öffentliche Netzzugänge ausweichen.

Nach französischen Regierungsangaben soll die geplante weiße Liste "einige tausend Webseiten" umfassen, die "essenziell sind für das wirtschaftliche, kulturelle und soziale Leben des Landes". Die Online-Auftritte von Firmen wie McDonald's sollen dazu gehören. Wer genau über die Erstellung des Verzeichnisses entscheiden soll, ist noch unklar. Privaten WLAN-Nutzern möchte die UMP bereits gemäß dem umstrittenen Gesetzesentwurf der Regierung und des Senats für eine "abgestufte Erwiderung" auf Copyright-Verstöße bis hin zum Kappen von Internet-Zugängen die Auflage machen, ihre Hotspots mit einer Reihe von Sicherheitsvorkehrungen gegen unbefugte Nutzung abzuschotten.

Französische Bürgerrechtsorganisationen laufen indes Sturm gegen das erweiterte Vorhaben. "Die Rückkehr zu einem zentralisierten, vom Staat kontrollierten Netzwerk ist Furcht einflößend und nicht umsetzbar", wettert Jérémie Zimmermann, Mitgründer von La Quadrature du Net. Die Initiative sei zum Scheitern verurteilt. Sie zeige aber, dass die französische Regierung ihre Gesetzgebung mit der Ignoranz und den überlebten Prinzipien der Unterhaltungsindustrie vorantreibe. Die britische Rechtsexpertin Monica Horten fühlt sich zugleich an die weiße Hexe aus dem Märchenland Narnia erinnert, die Frankreich zu einem langen Cyber-Winterschlaf verdonnern wolle. Es sei unvermeidbar, dass es Millionen legitimer Webseiten nicht auf die Liste für die Freischaltung schaffen.

Kurz vor den abschließenden Beratungen des Gesetzesentwurfs rund um "Schöpfung und Internet" in der Nationalversammlung kommende Woche legen unterdessen immer mehr französische Internet-Provider Kostenrechnungen für die Umsetzung des im Raum stehenden "3 Strikes"-Ansatzes vor. Wie Pariser Tageszeitungen Mitte der Woche berichteten, veranschlage Orange von France Telecom 13 Millionen Euro pro Jahr, Numericable zehn Millionen. Generell sei davon auszugehen, dass die Zugangsanbieter nach Inkrafttreten des Gesetzes täglich rund 10.000 Warn-E-Mails und 3000 Briefe an die Nutzer verschicken und 1000 Anordnungen für Netzsperren der Kontrollbehörde Haute Autorité pour la Diffusion des Oeuvres et la Protection des Droits sur l'Internet (HADOPI) ohne Richterbeschluss implementieren müssten. Bei Verstößen gegen die Auflagen würden 5000 Euro pro Fall fällig.

Die oppositionellen Sozialisten kündigten im Vorfeld der Abstimmung an, gegen die Initiative zu stimmen. Sie liebäugeln eher noch mit einer aktuellen Forderung der französischen Verwertungsgesellschaft SACEM, wonach Internet-Zugänge mit einer pauschalen Steuer zur Unterstützung der französischen Musikindustrie belegt werden sollen. Im Unterschied zu den auch hierzulande immer wieder diskutierten Vorschlägen für die Festsetzung einer "Kulturflatrate" soll mit der Abgabe aber nicht im Gegenzug Filesharing komplett legalisiert werden. (Stefan Krempl) / (ad)