Scientology-Kritiker weiterhin von YouTube ausgesperrt

Der YouTube-Account des Scientology-Kritikers Mark Bunker bleibt bis auf Weiteres gesperrt. Die Betreiber des Videoportals argumentieren, der Fernsehjournalist habe gegen US-Copyrights verstoßen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Gerald Himmelein

Der YouTube-Account des Scientology-Kritikers Mark Bunker bleibt bis auf Weiteres gesperrt. Bunker hatte Anfang vergangener Woche ein ausführliches Interview mit dem US-Schauspieler und Scientology-Aussteiger Jason Beghe angekündigt. Kurz vor dem erwarteten Veröffentlichungstermin sperrte YouTube unvermittelt sein Nutzerkonto.

Derzeit ist fraglich, ob YouTube das Konto kurzfristig wieder freigeben wird. Kurz nach der Sperrung des Accounts riefen zahlreiche entrüstete Nutzer die Support-Hotlines des Videoportals an, um sich für eine Freigabe des Channels einzusetzen. Bisher blieben die Aktionen jedoch erfolglos – der Sachverhalt ist komplexer, als zunächst angenommen.

Im Februar hatte YouTube Bunkers ersten Account XenuTV gesperrt. Ursache waren zwei Copyright-Beschwerden: Die eine kam vom Medienkonzern Viacom gegen die Wiederveröffentlichung eines Videos des US-Kabarettisten Stephen Colbert, in dem sich dieser über Scientology lustig machte. Die andere Takedown-Notice kam direkt von Scientology: Bunker war einer von vielen, die das neunminütige Video von Tom Cruise auf seiner YouTube-Seite gespiegelt hatte.

Mark Bunker hatte daraufhin einen neuen Account angelegt. Beim neuen Channel achtete der Fernsehjournalist darauf, keine Rechte Dritter zu verletzen: XenuTV1 enthielt ausschließlich selbst produzierte Beiträge. Die neue Sperrung fand deshalb auch aus einem anderen Grund statt: Bunkers neues Konto verstößt gegen eine der Nutzungsbedingungen der Videoplattform.

Wer einmal einen Account gesperrt bekommen hat, darf sich nicht unter neuem Namen wieder anmelden. Diese Nutzungsbedingung wird zwar von den wenigsten Anwendern eingehalten, Bunker bleibt aufgrund der persönlichen Natur seines Channels jedoch kaum eine andere Wahl.

Damit YouTube den Account wieder freischaltet, muss zunächst Viacom die Copyright-Beschwerde zurückziehen. Ende vergangener Woche schien diese Lösung noch greifbar zu sein. Am Montag veröffentlichte Bunker jedoch in seinem Weblog eine E-Mail des Copyright-Ermittlungsdienstes BayTSP. Offenbar hat Viacom den Ball an das Unternehmen weitergespielt, das für den Medienkonzern im Web als Copyright-Polizei agiert.

In einer kurzen E-Mail erklärte ein Mitarbeiter von BayTSP in gebrochenem Englisch, ein Widerruf der Takedown-Notices komme nicht in Frage. Die Wiederveröffentlichung der Colbert-Clips habe klar gegen die Rechte von Viacom verstoßen.

Kurzfristig bleibt Bunker somit nur, für seine Veröffentlichung auf andere Portale auszuweichen. Seit Sonntag steht das vollständige zweistündige Interview mit Jason Beghe im Internet, verteilt auf die Server von Vimeo und Blip.TV.

Kritiker gehen davon aus, dass die Sperrung auf das Konto von Scientology geht. Jason Beghe war 12 Jahre Mitglied bei der Organisation, die in der Öffentlichkeit als Religion auftritt. Im Interview beschreibt der Schauspieler voller Wut und Enttäuschung, was ihn zu Scientology trieb und welche Gründe zu seinem Ausstieg führten.

Mark Bunker berichtet seit einem knappen Jahrzehnt kritisch über Scientology. Ende Januar appellierte Bunker an die Internet-Bewegung "Anonymous", alle DDoS-Angriffe gegen Scientology einzustellen und stattdessen gegen die Organisation auf die Straße zu gehen. Sein Ratschlag wurde befolgt: Bisher hat Anonymous dreimal weltweit friedlich vor internationalen Scientology-Zentren demonstriert, zuletzt am 12. April. Die nächste Demonstrationswelle soll am 10. Mai stattfinden. (ghi)