Studie: Filesharing fördert Gemeinwohl

Eine niederländische Untersuchung, die im Auftrag des Forschungsministeriums durchgeführt wurde, hat ergeben, dass den Einbußen der Industrie ein deutlicher Mehrwert für Verbraucher gegenüber stehe.

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Eine im Auftrag des Forschungsministeriums durchgeführte niederländische Untersuchung zu Filesharing hat ergeben, dass allein im Musiksektor 100 Millionen Euro Einbußen für die Industrie pro Jahr ein Mehrwert für die Verbraucher in Höhe von 200 Millionen gegenüber steht. "Die Gewinne, an denen sich die Konsumenten erfreuen können, sind mehr als doppelt so groß wie die Verluste, die die Produzenten erleiden", lautet ein Kernergebnis der jetzt auf englisch publizierten Studie (PDF-Datei) "Ups and Downs" über die ökonomischen und kulturellen Auswirkungen des Dateientauschs auf Musik, Film und Computerspiele. Den Autoren der Forschungseinrichtungen TNO sowie SEO und des Instituts für Informationsrechts der Universität Amsterdam zufolge fungieren Peer-to-Peer-Netze (P2P) so zumindest als Umverteilungsmaschinerie gesellschaftlichen Wohlergehens.

Laut der Analyse geben 44 Prozent der holländischen Internetnutzer zu, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten ein- oder mehrmals Dateien getauscht haben. Dies entspreche rund 4,7 Millionen Nutzern in den Niederlanden. Parallel dazu sei der Markt für CDs seit dem Aufkommen von Napster 1999 deutlich zurückgegangen. Auch der Verleih von DVDs und VHS-Videos habe sich rückläufig bewegt. Eine direkte Verbindung zwischen beiden Entwicklungen wollen die Verfasser allerdings nicht ziehen. Sie verweisen vielmehr darauf, dass der Verkauf von DVDs und von Konsolenspielen auch nach dem Sprießen von P2P-Netzen weiter deutlich wachse und die Zahl der Kinogänger zwischen 1999 und 2007 leicht nach oben gegangen sei. Der gesamte Unterhaltungsmarkt sei mehr oder weniger konstant geblieben, was auf eine Umschichtung der Budgets der Verbraucher zwischen verschiedenen Produkten hinweise.

Aber auch den kurzfristigen Effekt von Filesharing im Musikbereich schätzt die Studie positiv für die Gesellschaft ein. So würden sich vor allem junge männliche Surfer als Downloader betätigen, denen es an echter Kaufkraft mangele und die auch ohne P2P nur begrenzt CDs erwerben würden. Filesharing habe "den Zugang zu einer weiten und großen Bandbreite an Produkten signifikant erhöht", auch wenn dies nicht immer die Zustimmung der Rechteinhaber finde. Generell übertrifft laut der Untersuchung in den Niederlanden die Zahl der Käufer geschützter Werke die Zahl derer, die sich allein als Filesharer betätigenden Nutzer bei weitem. 84 Prozent der über 15-jährigen Niederländer hätten 2008 eine CD, ein digitales Musikstück, eine DVD oder ein Computerspiel käuflich erworben. Auch 68 Prozent der Musiksauger zahlen den Forschern zufolge für Songs oder CDs genauso viel wie Filesharing-Abstinenzler. Zudem würden sie überdurchschnittlich viel Geld für Konzerte oder Fan-Artikel ausgeben. (Stefan Krempl) / (pmz)