NSA-Affäre: USA prüfen Ende der Überwachung alliierter Politiker

Die US-Regierung will die Überwachung alliierter Politiker offenbar beenden. Hintergrund sind wohl Meinungsverschiedenheiten über dieses NSA-Programm, über das niemand informiert worden sein will.

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Die US-Regierung ist offenbar dabei, die Überwachung von Staats- und Regierungschefs alliierter Nationen zu beenden. Das berichtet die New York Times unter Berufung auf anonyme Quellen. Auch Dianne Feinstein, die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat, hat erklärt, über derartige Pläne informiert worden zu sein. Noch sei aber keine endgültige Entscheidung getroffen, zitiert die Zeitung das Weiße Haus. Sollte das tatsächlich geschehen, sei das eine drastische Änderung des Umgangs mit der NSA, die bislang quasi uneingeschränkte Rechte zur Überwachung hatte.

Dianne Feinstein

(Bild: feinstein.senate.gov)

Aus der Kritik an der Überwachung alliierter Politiker in Feinsteins Statement lässt sich auch herauslesen, dass die jüngsten Enthüllungen für Meinungsverschiedenheiten in der US-Politik gesorgt haben. Einer ihrer Mitarbeiter sagte der Zeitung, Feinstein fühle sich über die Programme gegen Politiker nicht ausreichend informiert und sei frustriert. Sie kündigte eine umfassende Untersuchung aller Geheimdienstaktivitäten an. Feinstein, die die NSA bislang verteidigt hat, schreibt, sie lehne es völlig ab, die politische Führung von US-Alliierten wie Frankreich, Spanien, Mexiko und Deutschland auszuspionieren. Interessanterweise fehlt in der Auflistung Brasilien, deren Präsidentin Dilma Rousseff sich vor der UN-Generalversammlung kräftig über die USA beschwert hatte.

Die New York Times berichtet weiter, dass die NSA nicht nur autorisiert war, zu überwachen, wer wann angerufen wurde – also ihre Verbindungsdaten zu sammeln. Zwar habe keine der Quellen in der US-Regierung zum Fall Angela Merkel sprechen wollen, aber sie hätten erklärt, dass auch die Inhalte der Gespräche abgehört werden durften. Der juristische Unterschied zwischen Verbindungsdaten und Kommunikationsinhalten gelte nur für US-Bürger oder für Gespräche in den USA. Die Überwachung ausländischer Kommunikation verstoße nicht gegen US-Gesetze, höchstens lokale Regelungen.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Während derzeit offenbar hinter den Kulissen der US-Politik zumindest über Überwachungsprogramme der NSA diskutiert wird, versuchte Dennis Blair die Wogen zu glätten. Der ehemalige Geheimdienstkoordinator der Obama-Regierung erklärte, der Zeitung, dass 90 bis 95 Prozent der US-Geheimdienstaktivitäten in Ländern wie Deutschland und Frankreich kooperativ seien. Nur ein kleiner Teil bestehe aus der Sammlung von Informationen, an die man anders nicht gelangen dürfte. Und für Politiker, die sich nun beschweren, hat er auch noch einen Rat übrig: "Wenn irgendein ausländischer Staats- oder Regierungschef ein Handy benutzt oder ungeschützte E-Mails sendet, ist das, was die USA erfahren, sein geringstes Problem."

Kurz weist die Zeitung auch auf einen möglichen Ausweg der derzeitigen diplomatischen Verstimmung hin. Die US-Regierung wolle sich die Forderungen der Deutschen nach einem Anti-Spionage-Abkommen genau anhören. Am Ende könnte eine Vereinbarung stehen, die der entspricht, die das Land mit den Staaten der sogenannten Five Eyes hat. An der allumfassenden Überwachung der Bevölkerung dürfte das aber nichts ändern, wie die bisherigen Enthüllungen nahelegen, denen zufolge auch US-Bürger intensiv ausspioniert werden. (mho)