Kernel-Log: Neue Stable- und Entwicklerkernel, Mesa 7.1 und X-Server 1.5 freigegeben

Linux 2.4.36.7, 2.6.25.17 und 2.6.26.5 bringen Korrekturen und kleine Verbesserungen; Torvalds bremst Kernel-Entwickler erneut; der neue X-Server arbeitet nicht mit Fglrx- und einigen der Nvidia-Treiber zusammen; neue Open-Source-Grafiktreiber.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Kernel-Log-Logo

Die Verwalter der Linux-Stable-Series haben die Kernel-Versionen 2.6.25.17 sowie 2.6.26.4 und 2.6.26.5 freigegeben. Sie bringen zahlreiche kleinere Fehlerkorrekturen und Verbesserungen für die Vorgänger aus den 2.6.25- und 2.6.26-Serien. Version 2.6.26.5 beseitigt dabei nur ein mit 2.6.26.4 eingeschlepptes Problem. Ob die Änderungen der beiden neuen Versionen auch Sicherheitslücken beheben, geht – wie neuerdings üblich – nicht aus den Freigabe-Mails hervor. Über diese fordern die Stable-Series-Betreuer allerdings alle Anwender zum Update auf die neuen Versionen auf ("Any users of the 2.6.26 kernel series should upgrade to this version."); damit sind aber nur die Anwender gemeint, die ihren Kernel nicht vom Linux-Distributor erhalten, sondern selbst herunterladen, übersetzen und installieren.

Willy Tarreau hat derweil die Version 2.4.36.7 veröffentlicht, die kleinere Fehlerkorrekturen und Verbesserungen für die zuvor aktuelle Version in der von ihm verwalteten und mittlerweile recht angestaubten 2.4-Reihe bringt; Tarreau gibt sich in der Freigabe-Mail auskunftsfreudiger als die Verwalter der 2.6-Stable-Series und weist auf Korrekturen für die unter anderem als CVE-2008-2826 und CVE-2008-3525 geführten Sicherheitslücken explizit hin. Mit 2.4.37-rc1 hat Tarreau zudem die Entwicklung von 2.4.37 gestartet. In der Freigabe-Mail zur ersten Vorabversion geht Tarreau näher auf die Neuerungen ein; dazu gehören unter anderem auch leicht erweiterte Storage-Treiber, durch die auch der 2.4-Kernel mit den PATA- und SATA-Controllern einiger neuerer Chipsätze umzugehen weiß.

Die 2.6.27-Entwicklung schreitet derweil weiter voran; aktuell ist derzeit noch 2.6.27-rc5, vermutlich dürfte Linus Torvalds aber schon bald die sechste Vorabversion veröffentlichen. Andeutungen für einen Veröffentlichungstermin der Ende September oder Anfang Oktober erwarteten Version 2.6.27 hat der Linux-Vater bislang noch nicht gegeben; die aktuelle Liste der seit 2.6.26 eingeschleppten Fehler umfasst noch 33 ungelöste Probleme.

Bereits Mitte August hatte Torvalds einige Entwickler gebremst und sie darauf hingewiesen, dass sie sich nach Ende des Merge-Window doch auf Fehlerkorrekturen konzentrieren sollten, statt gewagtere Patches zur Aufnahme einzusenden, die Features nachrüsten, aber dabei möglicherweise neue Probleme mit sich bringen. Dieses Vorgehen betonte er in den vergangenen Wochen bei anderen Bitten um Patch-Integration noch mehrfach (1, 2, 3) und wies die jeweiligen Verwalter zurecht. Einige Kernel-Entwickler sprachen daher bereits von einer neuen Policy – letztendlich war das von Torvalds geforderte Vorgehen aber die schon seit Längerem vorgesehene Prozedur, die in der Praxis jedoch bislang meist nicht strikt umgesetzt wurde. Torvalds führte daher in verschiedenen Mails (1, 2) nochmal näher aus, wie er sich das Ganze vorstellt.


Nachdem die Mesa-Entwickler Ende August die Mesa-Version 7.1 veröffentlichten, gaben auch die X.org-Entwickler den darauf aufbauenden X-Server 1.5 frei – je nach Auslegung fast ein halbes oder ganzes Jahr später, als ursprünglich geplant. Der neue X-Server wird zentraler Bestandteil von X.org 7.4, das allem Anschein nach in den nächsten Tagen erscheinen soll.

Für X.org 7.4 haben auch zahlreiche Treiber-Verwalter neue Pakete geschnürt; der Intel-Treiber etwa liegt nun in Version 2.4.2 vor und die X-Treiber für VMware-Gäste in Version 10.16.5. Die Version 2.1.11 des für Nvidia-Karten geeigneten Open-Source-Grafiktreibers nv bringt ferner Unterstützung für einige neue Nvidia-GPUs, enthielt jedoch einen Fehler, den 2.1.12 behebt. Der Catalyst oder Fglrx genannte proprietäre AMD-Grafiktreiber arbeitet indes ebenso wenig mit dem X-Server 1.5 zusammen wie die für ältere Nvidia-Grafikkarten zuständigen Nvidia-Treiber mit den Versionsnummern 71.86.xx und 96.43.xx. Das traf bislang primär Nutzer des im Mai freigegebenen Fedora 9, das Vorabversionen des X-Servers 1.5 enthält.

Nach den langen, teilweise auch durch die schleppende Mesa-Entwicklung bedingten Verzögerungen bei der Fertigstellung des X-Servers 1.5 will Intel-Entwickler Keith Packard die Position als Release Manager für den X-Server 1.6 übernehmen und diesen schon in wenigen Monaten veröffentlichen; die Version 1.6 soll nach derzeitigen Planungen die DRI2-Infrastruktur, RandR 1.3 und ein überarbeitetes Input-Framework enthalten, wie die die Webseite Phoronix vom kürzlich abgehaltenen X Developers Summit (XDS) 2008 berichtet. X.org 7.5 soll jedoch nicht zusammen mit der nächsten größeren X-Server-Überarbeitung, sondern erst später erscheinen.

Kernel-Log-Staccato

  • Unabhängig von den erwähnten Vorgängen bei X.org hat derweil Nvidia mit der Version 177.70 eine neue Beta-Version des proprietären Nvidia-Grafiktreibers für x86-32- und x86-64-Systeme veröffentlicht.
  • Von Jeremy Fitzhardinge zum Review an die LKML gesandte Patches legen die Grundlage für den Betrieb als privilegierte Xen-Domain (Dom0).
  • Nachdem in den letzten Monaten viele bislang separat vom Linux-Kernel verwaltete Kernel-Treiber wie gspca und uvcvideo sowie zahlreiche WLAN-Treiber nun im Hauptentwicklungszweig von Linux zu finden sind, versucht sich Red-Hat-Entwickler Jarod Wilson daran, die LIRC-Treiber für die Aufnahme in den Kernel aufzubereiten.
  • Dave Airlie hat kürzlich ein neues Modell für die DRM-Entwicklung vorgeschlagen, das den Entwicklern die Arbeit erleichtern und den Patch-Fluss zwischen DRM-Entwicklung und dem Hauptentwicklungszweig des Linux-Kernels optimieren soll.
  • Nachdem das Mitte August veröffentlichte Git 1.6.0 durch die Entfernung der "git-foo"-Kommandos auf dem Standard-Suchpfad für Unzufriedenheit bei dem einen oder anderen Git-Nutzer sorgte, hat das Git-Projekt nun eine Nutzerumfrage gestartet.
  • Harald Welte hat in seinem Blog eine Mini-FAQ zum kürzlich freigegebenen Open-Source-Grafiktreiber von VIA veröffentlicht. Darin stellt er klar, dass VIA mit den bestehenden Entwickler-Gemeinden rund um die Open-Source-Treiber Openchrome und Unichrome zusammenarbeiten will, um mit diesen zu entscheiden, welcher der drei für VIA-Grafikhardware geeigneten Treiber die Basis für einen offiziellen X.org-Treiber werden soll.

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich auch in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise open:

Ältere Kernel-Logs finden sich über das Archiv oder die Suchfunktion von heise open.

(thl)