Datenaffäre: Gewerkschaften verlangen von Bahn-Chef Entschuldigung

Falls sich Hartmut Mehdorn für das Screening der Daten von 173.000 Bahn-Mitarbeitern nicht entschuldigt, könnten die Arbeitnehmervertreter im Bahn-Aufsichtsrat ihm das Misstrauen aussprechen.

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Die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA fordern zur Aufklärung der Datenaffäre eine Sondersitzung des Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG. In einer Mitteilung schreiben sie, die Empörung über die bislang bekannt gewordenen Details sei nach wie vor groß, unter den Bahn-Beschäftigten herrsche große Unruhe. "Die bisherigen Erklärungen reichen uns nicht aus. Es entspricht auch nicht den Tatsachen, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates in der Vergangenheit von der Überprüfung von 173.000 Mitarbeitern informiert worden sind." Darüber hinaus verlangen die Gewerkschaften laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung, dass sich Bahnchef Hartmut Mehdorn bei der Belegschaft entschuldigt. Falls Mehdorn der Aufforderung nicht nachkomme, erwägten die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, ihm das Misstrauen auszusprechen.

Vorige Woche hatte der Korruptionsbeauftragte der Bahn, Wolfgang Schaupensteiner, im Verkehrsausschuss des Bundestags eingeräumt, dass 2002 und 2003 Daten von 173.000 Bahn-Mitarbeitern mit denen von Lieferanten abgeglichen wurden. Mehdorn beteuerte am Freitag, der Datenabgleich sei rechtlich einwandfrei, die Bahn schaltete die Staatsanwaltschaft ein, um Vorwürfe ausräumen zu lassen. Datenschützer und Rechtsexperten wie der Bremer Professor für Arbeitsrecht, Wolfgang Däubler, bezweifeln Mehdorns Standpunkt. Däubler sagte in einem Interview mit der Financial Times Deutschland (FTD), auch der gute Zweck heilige keine Rasterfahndung. Ein Unternehmen dürfe das bestimmt nicht, bei Staatsanwaltschaft und Polizei sei das von einer richterlichen Entscheidung abhängig. Konzerne wie Bayer, BASF und Lufthansa distanzierten sich von der Darstellung der Bahn, eine solche Massenüberprüfung sei auch bei vielen anderen Unternehmen üblich.

Bahn-Aufsichtsratschef Werner Müller will laut FTD heute mit Transnet-Chef Alexander Kirchner und dessen Kollegen Dieter Hommel von der GDBA über die von den Gewerkschaften geforderte Sondersitzung des Gremiums sprechen. Dabei solle es auch um Mehdorns Zukunft an der Bahn-Spitze gehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet laut dem Bericht, dass vor allem die Bahn selbst stärker zur Aufklärung der Datenaffäre beiträgt. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sieht keinen Sinn darin, 173.000 einfache Mitarbeiter auf Korruption zu überprüfen. Das habe mit guter Unternehmensführung nichts zu tun. Mehdorn hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Er habe etwas Gutes gemacht und nichts Schlechtes, sagte er laut Medienberichten. (anw)