BKA will Cybercrime mit Cyberlab und eigener Software bekämpfen

Auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes kündigte der BKA-Chef Jörg Ziercke den Aufbau eines Cyberlabs an. Die Spezialisten dort sollen unter anderem für "Kryptoanalyse und die Dekryptierung von Verschlüsselungen" zuständig sein.

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Von
  • Detlef Borchers

Auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden hat BKA-Chef Jörg Ziercke den Aufbau eines Cyberlab als kriminaltechnische Servicestelle mit über 100 Cyber-Spezialisten vorgestellt. Sie soll für die "Kryptoanalyse und die Dekryptierung von Verschlüsselungen" zuständig sein und "digitalelektronische Asservate" sichern. Des weiteren soll beim BKA eine sichere IT-Infrastruktur zur automatisierten Bearbeitung von Foto- und Videodaten eingerichtet werden, dies in Reaktion auf den Terroranschlag beim Bostoner Marathon. Als zusätzliche Maßnahme kündigte Ziercke den Aufbau eines Arbeitsbereiches Cyberspionage in der BKA-Abteilung "Polizeilicher Staatsschutz" an.

Will ein Cyberlab aufbauen und fordert die Einführung der Vorratsdatenspeicherung: BKA-Chef Jörg Ziercke.

(Bild: Detlef Borchers)

Nach Angaben von BKA-Chef Ziercke gibt es aktuell 164 Fälle der Schwerkriminalität, in denen das BKA und die LKA Ermittlungsdefizite hinnehmen mussten, "weil die Überwachung oder Auswertung von Telekommunikation rechtlich oder technisch aufgrund von Verschlüsselung bzw. Kryptierung nicht möglich war. In 71,5 % dieser Fälle konnte sogar die Art des Kryptierungsdienstes technisch genau belegt werden." So habe die Polizei schwere Straftaten nicht verhindern oder nicht verfolgen können.

Ziercke betonte, das eine schnellstmögliche Einführung einer funktionierenden Telekommunikationsüberwachung mit ausreichender Mindestspeicherfrist von IP-Adressen bei den Providern unumgänglich sei. "Um sicher zu sein, dass die eingesetzte Software für Quellen-TKÜ und die Onlinedurchsuchung nicht mehr kann als sie darf, dass technische Vorgaben eingehalten werden, setzen wir darauf, diese Tools selbst zu entwickeln", erklärte Ziercke. Der BKA-Chef betonte, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte die Vorgehensweise und die Programme jederzeit daraufhin kontrollieren könne, ob der private Kernbereichsschutz eingehalten werde.

Man würde allerdings zu kurz greifen, wenn man sich ausschließlich auf die Entwicklung digitaler Fahndungsinstrumente konzentriere, weil diese angesichts von technischen Innovationszyklen "von geringer Halbwertzeit" seien. Deshalb müsse die verdeckte Informationsgewinnung durch spezialisierte Cyber-Ermittler (sogenannte Cyber-VE und Cyber-VP) die Abschottung der Kommunikation und Interaktion von Tätern im Internet überwinden.

Auf Ziercke folgte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Klaus-Dieter Fritsche, der ein düsteres Cybercrime-Lagebild schilderte, in dem Tor-Netzwerke, Bitcoins, die Silk Road und Botnetze das Internet bedrohen. Hier müsse die internationale Zusammenarbeit über das BKA hinaus noch stärker forciert werden, meinte Fritsche. Große Hoffnungen habe er, dass das EC3-Center bei Europol ein effektives Ermittlungsinstrument werde.

Im Gegensatz zu BKA-Chef Ziercke sprach sich der Staatssektär nicht nur für eine verstärkte, bessere Online-Durchsuchung aus, sondern votierte auch dafür, bei der Debatte um die Mindestspeicherfrist von Daten sich nicht auf die IP-Adressen zu beschränken. Vielmehr müsse hier "eine technikoffene Lösung" angedacht werden, die zukünftige Entwicklungen mit einschliessen könne. (axk)