Smarte Stromzähler: "Gesetzlicher Einbauzwang ist ein Desaster"

Bei Neubauten müssen in Deutschland smarter Stromzähler installiert werden, die Verbraucher zum Stromsparen erziehen sollen. Laut einer Studie gibt es aber kaum Einsparpotenzial. Ein Desaster, findet der Piratenpolitiker Patrick Breyer.

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Der Schleswig-Holsteinische Piratenabgeordnete Patrick Breyer übt heftige Kritik am gesetzlichen Zwang zum Einbau von smarten Stromzählern und fordert einen Stopp der "Spionagezähler“. Dabei bezieht er sich auf eine Kosten-Nutzen Analyse, die das Beratungsunternehmen Ernst & Young im Juli für das Bundeswirtschaftsministerium erstellt hatte. Eines der Ergebnisse: Private Verbraucher könnten die Einbau- und Betriebskosten von über 100 Euro nicht mal ansatzweise durch Stromspareffekte ausgleichen.

Ursprünglicher Gedanke hinter den intelligente Stromzählern ist, dass sie Verbrauchstransparenz schaffen und so Einsparmöglichkeiten durch die Nutzung von zeit- und lastabhängigen Tarifen ermöglichen. Dem Gutachten zufolge ist aber die EU-Zielvorgabe, bis 2022 schon 80 Prozent der Haushalte mit einem smarten Zähler samt Echtzeit-Verbrauchsübertragung auszustatten, "für Deutschland weder wirtschaftlich noch umsetzbar". Sie führe "für den Großteil der Endkunden zu unverhältnismäßig hohen Kostenbelastungen", weil "auch Kleinstverbrauchergruppen weit über ihren Systemnutzen involviert und kostenmäßig belastet werden".

In Deutschland sind Smart Meter aktuell in Neubauten und bei Grundsanierungen Pflicht. Mit der jüngsten Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes und dem Erneuerbare-Energien-Gesetz müssen auch Haushalte mit einem jährlichen Stromverbrauch von mehr als 6000 kWh sowie Betreiber von Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von über 7 kW einen schlauen Zähler installieren. Laut dem Gutachten sei diese deutsche Regelung langfristig aber sogar noch ineffizienter als die EU-Zielvorgabe. Aufgerechnet mit hypothetischen Einsparungen würde sie einen volkswirtschaftlichen Fehlbetrag von 600 Millionen Euro ergeben.

Für Patrick Breyer steht aber schon in Frage, ob die Zähler überhaupt Einspareffekte bringen: "Es gibt keinen Beleg dafür, dass alleine die Sichtbarkeit des aktuellen Stromverbrauchs zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung führt – zumal wenn der Einbau bei Verbrauchern erfolgt, die ihn nicht wollen.“

Damit steht er nicht allein: Bereits 2012 hatten Verbraucherschützer anlässlich eines Smartmeter-Pilotprojekts auf die mangelnde Akzeptanz und das geringe Einsparpotenzial hingewiesen. Das hätte ein Versuch in Berlin gezeigt, bei dem rund zehntausend Smart Meter installiert worden seien. Nach der Installation der Geräte hätten die Mieter wenig Interesse an ihren Verbrauchsdaten gezeigt. Gerade für Mieter in Etagenwohnungen seien die Möglichkeiten zum Stromsparen sowieso "relativ begrenzt“, stellten die Verbraucherschützer fest. So könne man etwa eine Waschmaschine kaum in nächtlichen „Nebenzeiten“ betreiben, in denen sich der Strom günstiger anbieten ließe.

Weiteren in der Studie gemachten Vorschlägen wie etwa der Erweiterung der Einbaupflicht auf Bestandszähler inklusive viertelstündlicher Fernübertragung an den Versorger kann Breyer nur wenig abgewinnen. Auch die Anregung der Autoren, die Zählerdaten in "einer weitergehenden Nutzung [..]durch Dritte" zu vermarkten, sieht er als "Alptraum für unsere Privatsphäre". Breyer fordert stattdessen, ein Monitoring des Stromverbrauchs, das an zentralen Punkten anonymisiert erfolgen solle – "und zwar auf Kosten der Anbieter". Das Bundeswirtschaftsministerium hatte bei Veröffentlichung der Studie erklärt, die gemachten Vorschläge prüfen zu wollen, wobei die "Bezahlbarkeit von Energie für den Verbraucher oberste Leitlinie“ sei. (axk)