MDC kompakt 2013: Klassische App-Entwicklung und hybrider Ansatz im Fokus

Auf der diesjährigen Mobile Developer Conference kompakt wurde offenbar, dass nach sechs Jahren Marktpräsenz der Bereich Mobile die Arbeit verändert hat.

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Von
  • Karsten Kisser
Inhaltsverzeichnis

Auf der diesjährigen Mobile Developer Conference kompakt wurde zum wiederholten Mal offenbar, dass nach sechs Jahren "echter" Marktpräsenz der Bereich Mobile die Arbeits- und Lebensgewohnheiten einer Vielzahl von Menschen deutlich verändert hat.

In der einleitenden Keynote gab Ivo Wessel, ein freiberuflicher iOS-Entwickler der ersten Stunde, einen Crashkurs zur Typographie. Er öffnete gleich zu Anfang sein Hemd, und zutage trat das Helvetica-T-Shirt des Font Shops aus längst vergangenen Tagen. En detail vertiefte er sein Thema anhand der iOS-Typographie samt neuer Helvetica, No-go-Fonds sowie Zeichenbeispielen wie Interrobang und "no borders – just space".

Ivo Wessel bei der Keynote

Die Keynote verdeutlichte eindrucksvoll, dass die zeitgemäßen Betriebssysteme (allen voran iOS 7 und Windows Phone 8) eine anspruchsvolle Typographie verlangen, denn nicht nur sie selbst sind erwachsen, sondern auch die Anwender mündiger im Umgang mit den mobilen Nutzeroberflächen geworden. Für den Entwickler heißt das nun: Einfachheit ist nicht leicht, sondern mitunter äußerst schwer zu erreichen.

Evgenij Terehov

Evgenij Terehov (DigitalWerft) zeigte anschaulich, dass ein hybrider Ansatz an einem Kundenbeispiel aus dort bestehender nativer iOS- und zusätzlicher HTML5-basierter App durch die Diversifizierung der Mobilgeräte (vorangetrieben durch BYOD) gerade im Enterprise-Umfeld aufgrund der ausufernden Projektkosten durchaus sinnvoll sein kann. Der als Beispiel herangezogene Kunde in Österreich (eine Getränkebrauerei) hatte zunächst iPhones mit entsprechender nativer Entwicklung, das wurde aber auf Dauer zu teuer, zudem drängten Mitarbeiter in der Vor-BYOD-Zeit auch mit Android-Geräten ins Firmennetz.

Frank Fischer

Dem Thema MaaS (Mobility as a Service) widmete sich Frank Fischer (aus dem entsprechenden Bereich der Telekom) mit einer kleinen Livedemo, in der aus einer Excel-Tabelle für die Snackboxverwaltung mit IBMs Worklight schnell eine Anwendung mit Mobilzugriff wurde.

Auf die Frage, ob Entwickler Firefox OS brauchen, antwortete Marcus Ross, dass bei einem Gerätepreis von deutlich unter 100 Euro, aber immerhin (fast) den Möglichkeiten eines Standard-Smartphones, in erster Linie Jugendliche und die Schwellenländer als Zielgruppe auszumachen seien. Für Mobile-Entwickler ist das Geschäftsmodell rund um Firefox OS derzeit noch nicht klar ersichtlich, doch dürften sie – besonders wenn die Geräte kein großes Loch ins Portemonnaie reißen – als Geeks und Nerds ein gewisses Interesse an dem neuen Spielzeug haben.

Die Paneldiskussion ging auf die Frage ein, was in fünf Jahren sein wird. Dabei gelang ein unterhaltsamer Spagat von der kommenden Oligarchie der Telko-Provider (siehe die Nachricht, dass 2015 jeder Erdenbürger eine SIM haben wird) über das Statement, dass Android dank Samsung seine Vormachtstellung gewonnen habe, bis hin zur verantwortungslosen Verschwendung von Ressourcen bei Smartphones, da diese nahezu nicht recycelbar sind. Letztlich bleibt es ein Blick in die Glaskugel, denn ob zum Beispiel Firefox OS einen ähnlichen Start (und Marktdurchdringung) hinlegen wird, wie weiland das Browser-Pendant, kann heute niemand mit gutem Gewissen voraussagen.

David Tielke, Heiko Behrens, Marcus Ross, Frank Fischer, Ivo Wessel und Ekkehard Gentz (v.l.n.r.)

Das Coding-Event am Abend hatte es dann durchaus in sich, denn es war eine Website (einer skandinavischen Fastfood-Kette inklusive angeschlossenem Möbelvertrieb) mit HTML nachzustellen. Diese durfte nur zwei Minuten angeschaut werden, danach gab es nur noch den Editor Textwrangler und eine Mac-Tastatur. Den Entwicklern wurde der eigene gerenderte Code vorenthalten, das Resultat sahen nur die Zuschauer.

Die MDC kompakt zeigte, dass zum einen die Großen Android und iOS noch eine ganze Weile eine führende – vielleicht nicht immer richtungweisende – Rolle innehaben werden. Windows Phone 8 hat im Gegensatz zu seinem Vorgänger stark aufgeholt. Microsofts Wandlung von einem reinen Software- und Service-Anbieter hin zu einem Vollsortimenter im Bereich der Smartphones ist hierbei beachtenswert. Man erinnere sich nur an den Browser-Krieg aus dem letzten Jahrtausend. Spät aufzuwachen heißt nicht zwangsläufig zu verlieren.

Auch der gesamte Bereich der Cross-Plattform- und der HTML5-Entwicklung wird zunehmend bedeutsamer. Gerade das Stichwort BYOD zwingt zunehmend zu hybrider Mobile-Entwicklung, denn die Budgets sind oft gedeckelt. Dazu kommt, dass Frameworks wie jQuery Mobile, denen der Nimbus des Langsamen oder einer unausgereiften UI anhaftete, Zeit hatten, besser zu werden.

Das Stichwort "Responsive Design" warf die Frage auf, ob in fünf Jahren noch Apps benötigt werden. Auch wenn die Diskussion dazu letztlich kontrovers geführt wurde, zeigte sich, dass die heutigen nativen Apps nur eine Stufe innerhalb der IT-Evolution sind. Die Mobile-Developer-Welt entwickelt sich rasant weiter.

Karsten Kisser
ist Software-Koordinator bei Swiss Life Operations in Hannover. (ane)