Facebook und Co. könnten Schweizer Initiativ- und Referendumsrecht verändern

Weil über das Internet relativ schnell Unterschriften für Volksabstimmungen gesammelt werden können, lässt die Regierung in Bern derzeit prüfen, ob die Zahl der benötigten Unterschriften künftig erhöht oder die Dauer der Sammelfrist verkürzt werden soll.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die schweizerische Bundeskanzlei hat von der Regierung (Bundesrat) den Auftrag erhalten, ein Aussprachepapier zu erstellen, das sich mit den Auswirkungen des Internets auf Unterschriftensammlungen für Referenden und Volksinitiativen beschäftigt. Müssen für eine Initiative derzeit innerhalb von 18 Monaten 100.000 und für ein Referendum, das ein Gesetz des Parlaments bekämpft, innerhalb von 100 Tagen 50.000 Unterschriften gesammelt werden, könnte künftig die Zahl der benötigten Unterschriften erhöht oder die Dauer der Sammelfrist verkürzt werden.

Es sei eine Tatsache, dass über das Internet relativ schnell Unterschriften gesammelt werden können, erläuterte der Sprecher der Bundeskanzlei, Hansruedi Moser, gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Genutzt werden dabei vor allem soziale Netzwerke wie Facebook oder MySpace, wo diverse Gruppierungen aus der Schweiz auch aktuell Unterstützer für unterschiedlichste Anliegen suchen. Geprüft werden soll nach dem Willen der Regierung deshalb nun, ob die in der Verfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft verankerten Vorgaben für Referenden und Volksinitiativen noch zeitgemäß sind.

Die Regierung stößt sich vor allem daran, dass es Gruppierungen zuletzt immer wieder gelungen ist, in kürzester Zeit Zehntausende Unterschriften zu sammeln und Volksabstimmungen über Gesetze zu erzwingen – ohne dass wie früher eine große öffentliche Diskussion stattgefunden hätte. Jüngste Beispiele sind etwa das Referendum gegen die Einführung biometrischer Pässe und Identitätskarten (Abstimmung am 17. Mai) oder das Referendum gegen die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf die Länder Rumänien und Bulgarien (8. Februar). Ein Grund für den Erfolg: Allein mehr als eine Million Schweizer sind über Facebook vernetzt – was etwa jedem siebten Einwohner entspricht.

Kritiker einer Änderung der Vorgaben weisen unterdessen darauf hin, dass das Internet bei Referenden und Volksinitiativen nur eine untergeordnete Rolle spiele. Letztlich käme es auf das Thema an und außerdem müssten die Unterschriftenbögen ja wie sonst auch ausgedruckt, unterschrieben und eingeschickt werden. Gegenüber der üblichen Sammlung von Unterschriften auf der Straße, habe die Suche nach Unterstützern im Internet aber den Vorteil, dass dies nicht im Vorbeigehen geschehe, sondern dass sich der Bürger im Web intensiv über ein Thema informieren könne, bevor er sich für eine Unterzeichnung entscheidet. (pmz)