"Hacker-Paragraf": Verfahren gegen iX-Chefredakteur eingestellt

Die Staatsanwaltschaft Hannover lehnt die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens auf Basis einer Selbstanzeige von iX-Chefredakteur Jürgen Seeger ab.

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Von
  • Joerg Heidrich

Der Mitte 2007 trotz erheblicher Kritik von Juristen und Technikern eingeführte § 202c des Strafgesetzbuchs (StGB), der so genannte Hacker-Paragraf, sorgt bis heute für Rechtsunsicherheit nicht nur unter IT-Sicherheitsprofis, sondern auch bei den Betreibern von Websites und bei Zeitschriftenverlagen. Um etwas Licht in die praktische Auslegung dieser Vorschrift durch die Strafverfolgungsbehörden zu bringen, hatte sich Jürgen Seeger, Chefredakteur des IT-Magazins iX, Ende 2008 selbst angezeigt. Ausgangspunkt für diese Selbstanzeige war die Veröffentlichung von Sicherheitssoftware auf der Heft-DVD des iX Special "Sicher im Netz".

Die Staatsanwaltschaft Hannover lehnte nunmehr die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens "aus rechtlichen Gründen" ab (Az. 1111 Js 181/09). Die zuständige Oberstaatsanwältin beruft sich dabei unter anderem auf die amtliche Gesetzesbegründung. Danach käme es bei solcher Software, die zwar der Abwehr fremder Angriffe dient, die aber gleichzeitig auch ohne jede Veränderung zu illegalen Zwecken genutzt werden kann, vor allem auf die subjektive Vorstellung des Handelnden an. Unter Strafe gestellt werden solle mit § 202c StGB die Vorbereitung einer anderen Tat, nämlich das rechtswidrige und unbefugte Ausspähen oder Abfangen von Daten. Eine solche Vorbereitungshandlung sei aber nicht anzunehmen, wenn für den Verbreiter der Software lediglich "mit der Möglichkeit der illegalen Verwendung des Programms zu rechnen" sei.

Die von der iX vorgenommene Verteilung der Software sei zu dem Zweck erfolgt, den Nutzern der Programme einen Schutz der eigenen Systeme und der Abwehr fremder Angriffe zu ermöglichen. Darin sei keine Vorbereitungshandlung für eine Straftat im Sinne des § 202c StGB zu sehen.

Bei der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Hannover handelt es sich um eine der ersten Äußerungen einer Strafverfolgungsbehörde zu der Anwendung des "Hacker-Paragrafen". Obwohl sie für andere Gerichte oder Staatsanwälte nicht bindend ist, dürfte sie zumindest für die Verbreiter von Sicherheitssoftware hilfreich sein. Insoweit könnte es für zukünftige Verfahren ausschlaggebend sein, ob dieser konkrete Kenntnis von einem Missbrauch der vertriebenen Sicherheitssoftware hat.

Gleichzeitig zeigt die Begründung jedoch auch die bislang kritisierte Rechtsunsicherheit bei der Anwendung des § 202c StGB auf: Bei der Verbreitung und Nutzung auch von "dual use Software" kommt es entscheidend auf die subjektive Vorstellung des Handelnden an. Diese ist aber stets interpretationsbedürftig und lässt einen weiten Spielraum für die Auslegung durch Gerichte und Strafverfolgungsbehörden.

Siehe dazu auch:

  • Bundesgesetzblatt Nr. 38 vom 10.8.2007
  • Einundvierzigstes Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Computerkriminalität (41. StrÄndG) (PDF-Datei), veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Nr. 38

(Joerg Heidrich) / (ur)