Große Koalition plant neuen Anlauf für das Urheberrecht

Mit Hilfe von Änderungen am Urheberrecht sollen Bildung und Forschung künftig stärker unterstützt werden. Auch will die Große Koalition eine "umfassende" Open-Acess-Politik entwickeln.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti
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Die Große Koalition will das Urheberrecht so ändern, dass Bildung und Forschung künftig stärker unterstützt werden. Der Koalitionsvertrag äußert sich nicht im Detail dazu, wie die Nutzerrechte von Forschern und Lehrern, Schülern und Studierenden ausgeweitet werden sollen.

Bislang dürfen nur kleine Teile" von Werken in einem bestimmt abgegrenzten Bereich von Unterrichtsteilnehmern" für Bildungszwecke in einem abgeschlossenen Netzwerk zugänglich gemacht werden. Rainer Kuhlen, Sprecher des Aktionsbündnisses Urheberrecht, sagt: "Alles wird darauf ankommen, sich auf Regelungen zu verständigen, die tatsächlich bildungs- und forschungsfreundlich sind."

Die Große Koalition will zudem eine "umfassende" Open-Access-Politik entwickeln. So sollen die Rahmenbedingungen für einen effektiven und dauerhaften Zugang zu öffentlich finanzierten Publikationen und Daten verbessert werden. In einem Förderprogramm soll geprüft werden, ob öffentliche Bibliotheken gesetzlich das Recht eingeräumt werden sollte, elektronische Bücher zu lizenzieren.

Außerdem sollen Schulbücher und Lehrmaterial "auch an Hochschulen, soweit möglich, frei zugänglich sein, die Verwendung freier Lizenzen und Formate ausgebaut werden". Mathias Schindler von Wikimedia Deutschland vermisst hier jedoch die Angabe eines Akteurs: "Wer hier diese Schulbücher frei zugänglich macht und die Verwendung freier Lizenzen ausbaut, ist angesichts des föderalen Charakters des Bundes gerade im Bildungsbereich durchaus relevant." Eventuell finde alles kooperativ zwischen Bund und Ländern statt, wie es der Vertrag anderer Stelle beim Thema digitale Lehrmittelfreiheit verspricht

In Sachen Raubkopien bleibt die Große Koalition vage. So soll das Urheberrecht "den Herausforderungen des digitalen Zeitalters" angepasst werden, das "Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums" soll durch diverse Maßnahmen gestärkt werden. Unter anderem sollen verbindliche europäische und internationale Vereinbarungen ausgebaut werden, wobei unklar bleibt, welche damit gemeint sind.

Konkreter wird es beim Thema Filehoster: Sie sollen jedenfalls bei massenhaften Rechtsverletzungen stärker zur Verantwortung gezogen werden. So wird im Vertrag angekündigt: "Wir werden dafür sorgen, dass sich solche Diensteanbieter nicht länger auf das Haftungsprivileg, das sie als sogenannte Hostprovider genießen, zurückziehen können und insbesondere keine Werbeeinnahmen mehr erhalten." Außerdem soll überprüft werden, inwieweit die Deckelung des Streitwerts bei urheberrechtlichen Abmahnungen gegen Verbraucher wirksam ist.

Auch das Urhebervertragsrecht soll überarbeitet werden. Dabei soll überprüft werden, ob Verhandlungs- beziehungsweise Konfliktlösungsmechanismen effizient genug ausgestaltet sind, und ob das Schlichtungsverfahren verbindlicher gestaltet werden kann. Zündstoff könnte hier der schwelende Konflikt über die Übersetzervergütungen sein.

Die Große Koalition will überdies die Portabilität gekaufter Inhalte ermöglichen und fördern. Auf diese Weise sollen Verbraucher legal erworbene digitale Werke "langfristig" und geräteunabhängig" nutzen können. An der Vertragsfreiheit im Urheberrecht oder den Nutzungsbedingungen soll jedoch nicht gerüttelt werden.

Der verminderte Mehrwertsteuersatz für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften soll künftig auch für Hörbücher gelten. Auf europäischer Ebene will die Koalition erreichen, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auch für E-Books, E-Paper und andere digitale Medien gilt. Die Buchpreisbindung soll europarechtlich auch für E-Books abgesichert werden.

Die Große Koalition kündigt schließlich an, "die kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften zu stärken". Dies bezieht sich vermutlich auf den aktuellen Streit um die Verteilungspläne der VG Wort und signalisiert die Bereitschaft, den Konflikt eventuell per Gesetzesänderung zu lösen. (anw)