Smartphone-Sensoren verbessern die Satellitennavigation

Die aktuell eingesetzte GPS-Technik frisst zu viel Strom und leidet in Innenstadtlagen unter Empfangsproblemen. Computerwissenschaftler haben nun ein Verfahren entwickelt, das Abhilfe schaffen könnte.

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  • TR Online

Die aktuell eingesetzte GPS-Technik frisst zu viel Strom und leidet in Innenstadtlagen unter Empfangsproblemen. Computerwissenschaftler haben nun ein Verfahren entwickelt, das Abhilfe schaffen könnte.

Wer schon einmal ein Smartphone zur Navigation eingesetzt hat, kennt das Problem: Routenführungs-Apps sorgen für einen erhöhten Batterieverbrauch, weil sie ständig GPS-Positionsdaten über den im Gerät verbauten Funkchip abfragen müssen. Im Auto braucht ein Handy-Navi daher eine feste Stromversorgung. Hinzu kommen andere Probleme: In Innenstadtlagen kommt es zu Empfangsschwierigkeiten, weil das Signal von Gebäuden reflektiert wird.

Forscher am Illinois Institute of Technology in Chicago haben nun eine mögliche Lösung für die Probleme entwickelt. Sie haben eine Software namens SmartLoc entwickelt, mit der sich sowohl die Genauigkeit der Navigation erhöhen als auch der Stromverbrauch reduzieren lässt. Erste Tests in der "Windy City" seien erfolgreich verlaufen, sagt Projektleiter Cheng Bo.

Die GPS-Empfindlichkeit in Innenstädten liegt bei nur durchschnittlich 40 Metern. Mit SmartLoc sei es möglich gewesen, diese auf 20 Meter zu verbessern. Der Trick dabei: Jedes Mal, wenn kein GPS-Signal mehr verfügbar ist, nutzt die Software den in den meisten modernen Smartphones steckenden Bewegungssensor.

Ein Smartphone, das am Armaturenbrett befestigt ist, erhält dabei zunächst ein GPS-Signal und kann so seine kartographische Position feststellen. Über den Bewegungssensor wird dann die Beschleunigung erfasst, um zu ermitteln, ob sich das Auto nach vorne bewegt oder etwa nach links oder rechts abgebogen wird.

Für sich genommen sind diese Daten nicht sonderlich nützlich, weil sich daraus schwer ablesen lässt, wie weit das Fahrzeug gefahren ist. Auch kann man so nicht erkennen, ob die Beschleunigung durch das fahrende Auto ausgelöst wurde oder das Fahrzeug beispielsweise über eine Bodenschwelle fuhr.

Diese Daten lassen sich auf zwei Arten verbessern. Zunächst schaut sich die Software anhand der abgespeicherten Karte die Umgebung an und bestimmt, ob Straßengestaltung oder andere Besonderheiten die Sensoren beeinflussen könnten. Anschließend wird eine Datenbank konsultiert, die verschiedene Beschleunigungssignaturen enthält. Die Software weiß also, welche ungefähren Messwerte der Bewegungssensor in diversen Fahrsituationen erzeugt. Auf diese Weise lassen sich die Signale den Bewegungen des Fahrzeugs auf der Straße zuordnen.

Bo und sein Team haben unter anderem ermittelt, wie Bremsen wirkt, wie sich das Warten und Beschleunigen an einer Ampel für den Bewegungssensor "anfühlt" und was passiert, wenn abgebogen wird – dies lässt sich dann beispielsweise von einem Spurwechsel unterscheiden. Die Software kann sogar feststellen, wenn das Fahrzeug über eine Brücke fährt, weil es hier zu Seitenwinden kommt.

Mit all diesen Daten kann das SmartLoc-Programm dann ermitteln, wie weit das Fahrzeug ohne GPS-Signal kam. Auf einem Galaxy-S3-Smartphone von Samsung ließ sich das in den Straßen von Chicago gut erledigen. Die Stadt gilt als Marterstrecke für die Satellitennavigation: Im Stadtzentrum der Hochhausmetropole kommt es vor, dass das GPS-Signal bis zu einen Kilometer lang nicht verfügbar ist.

Die erwähnte Genauigkeit von 20 Metern war mit SmartLoc auf der Teststrecke in Chicago in 90 Prozent der Fälle erreichbar. Das GPS-Rohsignal habe dies dagegen in weniger als 50 Prozent geschafft. Strom wird dabei schon dadurch gespart, dass der GPS-Funkempfang ab einem bestimmten – schlechten – Niveau automatisch abgeschaltet wird.

Noch ist unklar, was Bo und sein Team mit SmartLoc vorhaben. Sie könnten die App beispielsweise selbst vertreiben oder mit einem Navianbieter zusammenarbeiten. Dann könnten auch Nutzer der Apps von Garmin & Co. bald von der Technik profitieren. ()