US-Geheimdienste: Terroristen könnten Online-Rollenspiele zur Planung von Anschlägen nutzen

Spiele wie World of Warcraft mit Millionen von Spielern seien schwer überwachbar und könnten so zum Planen und Verabreden benutzt werden.

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Von
  • Florian Rötzer

Mittlerweile wird es jedem klar sein, der kriminelle oder terroristische Aktivitäten über das Internet organisieren will, dass es immer schwerer wird, unbeobachtet zu kommunizieren. In den US-Geheimdiensten wird daher befürchtet, dass möglicherweise virtuelle Welten wie Second Life oder vor allem Online-Rollenspiele mit Millionen von Spielern eine Möglichkeit bieten könnten, um heimlich Pläne auszuhecken oder sich zu verabreden.

Letzte Woche hat so Dwight Toavs, ein Professor der National Defense University, auf der von der obersten Geheimdienstbehörde DNI veranstalteten Open Source Conference, in seinem Vortrag über neue Medien und ihre Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Organisationen auf das weltweit größte Online-Rollenspiel World of Warcraft (WoW) hingewiesen.

Noch ist kein Vorfall bekannt geworden, aber die Geheimdienste seien immer stärker beunruhigt, berichtet Wired, dass Terroristen in solchen Online-Spielen Anschläge in der Wirklichkeit planen könnten. Millionen von Gesprächen finden, so Toavs, in Online-Rollenspielen gleichzeitig statt. Da die Spieler unter Pseudonymen auftreten, der Zugang von der ganzen Welt erfolgen kann und die Kommunikation leicht im jeweiligen Jargon codieren lässt, ist eine Überwachung schwer, wenn nicht unmöglich. WoW spielen bereits mehr als 10 Millionen Menschen.

Toavs stellte in seiner PowerPoint-Präsentation einen im WoW-Jargon verschlüsselten Dialog vor, der von Dan Arey vom DNI konzipiert wurde und so klingt, als würden sich die Kommunizierenden auf das Spiel beziehen, während sie in Wirklichkeit, dechiffriert man ihre Botschaften, einen Anschlag mit einer schmutzigen Bombe auf das Weiße Haus verabreden. Um solche Gespräche belauschen zu können, müssten in Zukunft, geht es nach Toavs, Geheimdienstagenten auch die Online-Spielewelten verdeckt auskundschaften.

Anfang des Jahres war ein Paper der Intelligence Advanced Research Projects Activity (IARPA), der Forschungsbehörde der Geheimdienste, bekannt geworden, in dem ebenfalls vor den virtuellen Welten als Tummelplatz von Terroristen gewarnt wurde. "Die virtuelle Welt ist das nächste große Pionierland und gleicht in manchen Aspekten sehr stark dem Wilden Westen." Hier könnten religiöse oder politische Extremisten Möglichkeiten finden, "um straflos zu rekrutieren, zu trainieren, Geld zu transferieren und letztlich einen Informationskrieg oder Schlimmeres zu betreiben". Die CIA soll bereits einige virtuelle Inseln gekauft haben, um dort zu trainieren.

Die US-Geheimdienste verfolgen auch das Projekt namens Reynard, um das Entstehen von sozialen und terroristischen Dynamiken in virtuellen Welten und Online-Rollenspielen von normalem Verhalten unterscheiden zu können. Man will normales Verhalten erkennen und so automatisch verdächtiges Verhalten identifizieren können.

Steven Aftergood von der Federation of the American Scientists (FAS) ist allerdings skeptisch. Er meint, dass sich Geheimdienste mögliche Bedrohungen ausdenken müssen, um ihnen zuvorzukommen. Das heiße aber noch nicht, dass es sich um realistische Szenarios handeln muss. "Könnten Terroristen Second Life benutzen? Sicher", so Aftergood, "sie können alles benutzen. Ist es aber eine wichtige Erweiterung? Das ist nicht klar. Es ist ein Szenario, dass sich ein Geheimdienstmitarbeiter ausdenken muss. Das ist alles." Damit dürfte Aftergood den Punkt getroffen haben. (fr)