Bessere Online-Partnersuche mit Realitäts-Check

Ein neuer Algorithmus für die Partner-Vorschläge beim Online-Dating berücksichtigt auch Fehleinschätzungen und die eigene Beliebtheit. Damit soll die Erfolgsquote bei Vermittlungen deutlich erhöht werden können.

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Von
  • Dörte Saße

Sportliche Hundefreunde finden zueinander oder auch philosophische Familientypen – das größte Plus beim Online-Dating ist für Viele, dass sie passende Partner präsentiert bekommen. Doch selbst wenn der Vorschlag ausführliche Fragebögen berücksichtigt hat: Er liegt oft daneben, wie Forscher aus den USA und China berichten. Sie analysierten die Rechenmethoden und entwickelten einen neuen, nach eigener Aussage erfolgreicheren Algorithmus. Dieser schließe auch auf unbewusste Wünsche und die Attraktivität der Menschen. Damit sei er beim Zuordnen möglicher Partner deutlich treffsicherer, wie erste Tests zeigten. Weil die Methode generell für soziale Netzwerke mit ähnlicher Struktur gilt, lasse sie sich auch etwa auf Jobportale oder die Studiensuche anwenden, Details berichten die Forscher in der kommenden Ausgabe des Fachblatts "IEEE Intelligent Systems".

"Deine Handlungen spiegeln deinen Geschmack und Attraktivität auf eine Weise, die treffender sein könnte als das, was du in deinem Profil angibst", erklärt Kang Zhao vom Department of Management Sciences der University of Iowa. So werde bisher etwa nicht erkannt, wenn ein Mann laut Fragebogen dunkelhaarige Frauen sucht, dann tatsächlich aber vorwiegend blonde Frauen kontaktiert. Gemeinsam mit Kollegen der Pennsylvania State University und der chinesischen Beijing Jiaotong University hatte Zhao die Kontaktquoten großer Partnerschafts-Plattformen unter die Lupe genommen. Die Analyse zeige, dass nur rund ein Viertel der vorgeschlagenen Partner auch tatsächlich kontaktiert werden. Bei den restlichen 74 Prozent hat das System offenbar die Erwartungen oder den Geschmack der Suchenden nicht getroffen.

Das Forscherteam griff für die Studie auf den Datensatz eines beliebten US-Dating-Portals zurück: Die Kontakte von mehr als 47.000 Nutzern aus zwei Städten über einen Zeitraum von 196 Tagen. Aus dem anonymisierten Zahlenwerk waren nur das Geschlecht der Nutzer sowie die Kontaktanfragen ersichtlich. Von den 474.931 Nachrichten kam nur jede fünfte von einer Frau. Und nur bei 25,8 Prozent entwickelte sich ein längerer wechselseitiger Austausch.

Diese Quote habe das Forscherteam beinah verdoppeln können: "Unser Modell berücksichtigt beim Partnervorschlag auch, ob Vorlieben und Attraktivität zusammenpassen", so Zhang. Der Algorithmus folgert aus den Vorlieben bei Erstkontakten, die man an einige der vorgeschlagenen Partner sendet, ebenso wie aus den Reaktionen darauf. Zudem werde beachtet, wie attraktiv jemand im Vergleich zum Rest der Nutzer ist – das schließen die Forscher aus der Antwortmenge und besonders aus der Zahl jener Antwortenden, die selbst als "attraktiv" eingestuft wurden. Das beziehe sich aber nicht auf körperliche Anziehungskraft, sondern auf die statistische Beliebtheit: darauf, wie häufig Anfragen erwidert wurden.

Tatsächlich zeigten Tests, dass eine solche "Anpassung an die Realität" die Zahl der Antworten vermutlich auf 44 Prozent anheben kann. Die Forscher konstatieren letztlich ein fehlerhaftes Ausfüllen der Fragebögen und vermuten als Grund dafür, dass es – wenn jemand nicht gerade absichtlich lügt – vermutlich an eigenen Fehleinschätzungen liegt.

Der neue Algorithmus ist bislang noch in keiner Online-Partnerbörse im Einsatz. Jedoch sollen mehrere bereits Interesse angemeldet haben. Die Methode ist nicht auf digitale Liebesdienste beschränkt: Sie eignet sich für alle reziproken bipartiten sozialen Netzwerke. Das bedeutet, für alle, wo das gesuchte Gegenüber nicht über den Namen, sondern über Eigenschaften gefunden wird, wo ein Kontakt nur zustande kommt, wenn beide Partner einwilligen (reziprok) und wo mindestens zwei unterschiedliche Gruppen (bipartit) verknüpft werden müssen. In der Fallstudie wählten die Forscher Frauen und Männer, weil die Partnerportale große Datenmengen liefern. Doch eignet sich die verbesserte Methode in abgewandelter Form beispielsweise auch für die Suche nach dem Arbeitsplatz: in bipartiten reziproken Netzwerken aus Arbeitgebern und Angestellten. (mho)