Britische Regierung hält umstrittene Werbeplattform für rechtmäßig

In einem Antwortschreiben an die EU-Kommission zeigt sich das britische Wirtschaftsministerium zuversichtlich, dass die auf Analyse des Nutzertraffics aufbauende Werbeplattform Phorm im Einklang mit EU-Recht betrieben werden kann.

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Die britische Regierung hat den Einsatz einer Werbeplattform, die das Nutzerverhalten analysiert, gegenüber der EU-Kommission gerechtfertigt. In einem Antwortschreiben an die für Informationsgesellschaft und Medien zuständige Kommissarin Viviane Reding äußert das Wirtschaftsministerium (BERR) Zuversicht, dass die vom britischen Unternehmen Phorm angebotene Plattform im Einklang mit britischem und europäischem Recht betrieben werden könne. Im Juli hatte Reding in einer Anfrage datenschutzrechtliche Bedenken geäußert und die Briten zur Klärung einiger Fragen aufgefordert.

Das umstrittene System von Phorm analysiert den gesamten Internetverkehr der Kunden eines kooperierenden Zugangsanbieters und erstellt anhand dieser Daten individuelle und nach Angaben des Unternehmens anonyme Werbeprofile, die eine zielgerichtete Platzierung von Werbung ermöglichen. Das System war an tausenden Kunden des britischen Providers BT getestet worden, ohne dass diese darüber informiert worden waren. Außer BT hatten auch die Provider Virgin Media und Talk Talk Interesse an dem Werbesystem gezeigt.

Die Antwort der Briten ging mit leichter Verspätung in Brüssel ein, nachdem das BERR eine Verlängerung der von Reding auf Ende August gesetzten Frist erbeten hatte. Das Ministerium unterstreicht, dass der Einsatz von Phorm künftig mit klaren Informationen einhergehen müsse und den Nutzern eine einfache Möglichkeit gegeben werden müsse, das System abzulehnen. Darüber hinaus führt das Ministerium aus, die von Phorm erstellten Profile seien mit einer Nummer und nicht der Identität des Nutzers verknüpft.

Die Kommission will das Antwortschreiben, das laut britischen Medienberichten nur in Auszügen veröffentlicht wurde, nun prüfen und die Angelegen rechtlich bewerten. Britische Medien bemerken dazu, das Ministerium gehe zumindest in dem veröffentlichten Teil des Antwortschreibens nicht auf die Bedenken der Kommission ein, dass die von dem heimlichen Test betroffenen Nutzer nicht informiert wurden und die Teilnahme nicht ablehnen konnten.

In einer Stellungnahme gegenüber dem Register begrüßte Phorm die Position des Ministeriums. Die Haltung der britischen Regierung entspreche Phorms eigenen hohen Standards für den Schutz der Privatsphäre und dem Bemühen um Transparenz. Doch droht Phorm weiterer Ärger. Die Londoner Polizei prüft derzeit, ob sie wegen der heimlichen Tests bei BT ein offizielles Ermittlungsverfahren einleitet. Von der britischen Regulierungsbehörde ICO hat BT indes keine rechtlichen Konsequenzen mehr zu befürchten.

BT ist unterdessen offenbar entschlossen, das System einzusetzen. "Wir arbeiten weiter mit BT zusammen", sagte ein Phorm-Sprecher der BBC. "Aber es ist ein komplexes Verfahren und braucht ein bisschen länger als geplant." Carphone Warehouse erklärte, das System bei der Tochter Talk Talk nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Nutzer einsetzen zu wollen. Virgin Media sagte der BBC, das Unternehmen prüfe das System noch.

Siehe dazu auch:

Zur Funktionsweise von Phorm siehe auf heise online UK:

(vbr)