Freiwillige Vereinbarung zu Kinderporno-Sperren vorerst vom Tisch

Bei einer weiteren Sitzung der Arbeitsgruppe "Access Blocking" ging es um Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung für Zugangshürden zu Kinderpornographie, nachdem eine solche auch das Justizministerium gefordert hatte.

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Bei einer weiteren Sitzung der Arbeitsgruppe "Access Blocking" am heutigen Freitag diskutierten Vertreter der Internetbranche und der Politik über Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung für Zugangshürden zu Kinderpornographie im Web. Von der von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zuvor mit Nachdruck geforderten "freiwilligen" Vereinbarung der Provider mit dem Staat "über die Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Inhalten im Internet" sei nicht mehr die Rede gewesen, hieß es in Teilnehmerkreisen. Zudem habe größtenteils Einigkeit geherrscht, dass eine Sperrungsverpflichtung nicht durch eine kleine Änderung des Telemediengesetzes (TMG) zu erreichen sei. Damit ist eine Verabschiedung einer gesetzlichen Bestimmung vor den Bundestagswahlen im Herbst aus Zeitgründen kaum mehr realistisch.

"Wir haben immer auf einem Gesetz bestanden und entsprechende Vorgaben dafür bereits geliefert", begrüßte Michael Rotert, Präsident des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco, gegenüber heise online den Ausgang des abschließenden Gesprächs über das Thema in einer gemeinsamen Runde. Diese Linie sei von fast allen großen Zugangsprovidern mitgetragen worden. Bei den nun möglicherweise noch startenden Debatten über die gesetzliche Verankerung einer Verpflichtung zu Blockaden kinderpornographischer Seiten sei unter anderem eine Erfolgsprüfung der Maßnahmen mithilfe statistischer Nachweise festzuschreiben. Daran mangele es bislang in anderen Ländern, die bereits technische Zugangserschwernisse nach norwegischem Muster einsetzen. Abgesandte anderer Branchenverbände sprachen zudem die Notwendigkeit der Regelung einer Kostenerstattung für die Provider an.

Das Bundeskabinett will laut Teilnehmerbekunden nach dem Scheitern des "undiplomatischen" Vorstoßes des Familienministeriums Ende März einen offiziellen Beschluss über die Ausarbeitung einer Gesetzesnorm für Websperren fassen. Darauf hatte vor allem die Deutsche Telekom gedrängt. Unklar ist, ob der Bonner Konzern nach dieser Ansage der Bundesregierung doch noch von sich aus eine Blockadeverpflichtung unterzeichnen will. Vodafone hatte einen solchen Schritt von Anfang an in Betracht gezogen. 1&1 fehlte unterdessen bei der heutigen Unterredung. Die Montabaurer haben erhebliche Bedenken gegen eine vertragliche Regelung und pochen zumindest auf Rechtssicherheit bei Netzsperren, falls diese in einem demokratischen Verfahren als "letztes Mittel" im Kampf gegen Kinderpornogaphie beschlossen würden.

Nach dem Bekanntwerden von Bauchschmerzen bei Rechtsexperten im Bundesinnenministerium gegen den vertragsrechtlichen Lösungsansatz des Familienressorts und die Umleitung von Anfragen auf Webinhalte angeblich kinderpornographischer Natur auf eine "Stopp-Seite" hatte vor dem letzten Treffen der Arbeitsgruppe auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries Kritik am Vorhaben von der Leyens geübt. Die Pläne ihrer Ressortkollegin seien "verfassungsrechtlich problematisch", sagte die SPD-Politikerin der Rheinischen Post. Es müsse zwar alles getan werden, um den sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhindern. Doch "staatlich veranlasste Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis – und darum geht es hier – brauchen nach unserem Grundgesetz eine gesetzliche Grundlage". Eine nähere Begründung für diese Ansicht wollte das Justizministerium trotz wiederholter Anfragen von heise online bislang nicht veröffentlichen. (Stefan Krempl) / (pmz)