Europäischer Vermessungssatellit am Start

Am Montag will die ESA den Satelliten GOCE starten. Dieser soll die Erdoberfläche und das Gravitationsfeld der Erde in bislang unerreichter Präzision und Auflösung vermessen.

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Von
  • Urs Mansmann

Am Montagnachmittag um 15:21 Uhr will die ESA vom Raketenstartplatz Plessezk nördlich von Moskau den Satelliten GOCE in die Erdumlaufbahn befördern. GOCE steht für "Gravity field and steady-state Ocean Circulation Explorer". Herzstück des Satelliten ist ein Gradiometer, der Abweichungen des Schwerefelds der Erde in bisher nicht gekannter Genauigkeit und Auflösung ermitteln kann. Das Ergebnis ist ein sogenannter Geoid, anhand dessen man Abweichungen im Schwerepotenzial der Erde, etwa durch Dichteanomalien im Erdmantel, feststellen kann. Genaue Daten des Geoids sind beispielsweise für Ozeanografen wichtig, weil es als Referenz für die Messung des Meeresspiegels dient. Die rein geographische Vermessung taugt dafür nicht, da die ungleichmäßige Masseverteilung im Erdinneren Abweichungen der Höhe der Erdoberfläche von bis zu rund 100 Metern von der Idealform hervorruft.

GOCE kreist in einer Höhe von nur 260 Kilometern um die Erde, um aus möglichst geringer Distanz messen zu können. In dieser Höhe befindet sich der Satellit aber bereits am Rand der Erdatmosphäre. Er ist deshalb aerodynamisch geformt, um die Bremswirkung der Ionosphäre zu minimieren. Ein Ionentriebwerk mit geringem Vortrieb, aber dafür langer Brenndauer gleicht die Bremswirkung der Atmosphäre aus. Fällt dieses aus, haben die Forscher nur acht Tage Zeit das Problem zu beheben. Danach ist ein Absturz des Satelliten nicht mehr zu verhindern. Bei hoher Sonnenaktivität muss die Bahnhöhe angehoben werden, da dann die Dichte der Ionosphäre und damit die Bremswirkung ansteigt.

Der Satellit hat ungefähr Masse und Maße eines Autos: Er wiegt rund 1100 Kilogramm und ist 5,30 Meter lang. Die Umlaufbahn des Satelliten führt in der Nähe der Pole vorbei und ist sonnensynchron, damit der Satellit möglichst selten im Erdschatten fliegt. Dennoch kann GOCE nicht immer messen – im ungefähr einem Drittel des Jahres reicht die Sonneneinstrahlung dafür nicht aus. In diesen Dunkelphasen wird die Bahnhöhe angehoben, um Treibstoff zu sparen. Genau die Unregelmäßigkeiten im Schwerefeld, die GOCE messen soll, beeinflussen natürlich auch seine eigene Bahn. Die Position des Satelliten wird per GPS und über Laserentfernungsmessungen von der Erde aus präzise erfasst und ausgewertet.

GOCE ist der erste von einer ganzen Serie von Earth-Explorer-Satelliten, die die Europäische Raumfahrtagentur ESA in diesem und in den kommenden Jahren starten will. SMOS, der im Sommer starten soll, misst den Feuchtigkeitsgehalt des Erdbodens und den Salzgehalt des Meeres. Im Spätherbst folgt CryoSat-2 zur Messung der Dicke von Eisdecken. Weitere Messsonden in den kommenden Jahren sollen beipielsweise Datenmaterial für das Strahlungsgleichgewicht der Erde oder für dynamische Prozesse in der Atmosphäre liefern. (uma)