Baden-Württemberg forciert elektronischen Rechtsverkehr

Aktenberge sollen in der Justiz bald der Vergangenheit angehören. Das Zauberwort: "Elektronischer Rechtsverkehr". Doch die Digitalisierung dauert noch mehrere Jahre.

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  • dpa

Baden-Württembergs Justiz rüstet sich für die digitale Zukunft und erhofft sich durch den elektronischen Rechtsverkehr in Zukunft schnellere Gerichtsverfahren. "Die Bearbeitung geht schneller. Es werden Papier-, Druck- und Portokosten gesenkt", sagte Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) der Nachrichtenagentur dpa. Der Südwesten führte bereits 2012 als erstes Bundesland die elektronische Grundakte ein und hatte sich in der Vergangenheit das Thema auf die Fahnen geschrieben.

Im Juli hatte der Bundesrat dann das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs beschlossen. Das sieht schrittweise und langfristig eine Umstellung der Kommunikation der Behörden und der Anwälte vor. "Der Bürger kann seine Beschwerden und Klagen weiterhin ganz normal in Papierform einreichen", betonte der Minister. Ein wichtiges Datum markiert das Jahr 2016 mit der Einrichtung von elektronischen Postfächern für alle Rechtsanwälte. Das führe zu keinen zusätzlichen Kosten für das Land an den Gerichten: "Die Leitungen sind schon vorhanden."

Anfang 2022 wird die neue Kommunikation für Anwälte und Behörden bundesweit und flächendeckend verbindlich. Zugleich soll auch Schritt für Schritt die klassische Papierakte der Vergangenheit angehören. "Wir wollen dann auch die elektronische Akte einführen. Wann sie genau kommt, steht noch nicht fest." Das werde sicherlich nicht vor dem Jahr 2015 sein. "Das wird ein Riesen-Kraftakt. Sie wird nicht auf einen Schlag flächendeckend eingeführt." Eine Vorreiterrolle könnte da den Finanzgerichten im Land zukommen, denn die Finanzämter halten ihre Daten bereits elektronisch vor.

Welche Kosten auf das Bundesland bei dem Thema zukommen, sei noch völlig unklar. Die Beschaffung der Software werde ausgeschrieben. Notwendig seien gleichfalls neue Geräte wie Scanner, Touchscreens oder auch Monitore. Wichtig sei, dass die Geräte leicht bedienbar seien. Es müssten 12.500 Arbeitsplätze ausgerüstet werden. "Es gibt schon Ängste bei dem Thema elektronische Akte. Da werden wir noch Überzeugungsarbeit leisten müssen."

Matthias Grewe vom Bund der Richter und Staatsanwälte im Südwesten sagte, der Verband stehe den Themen offen gegenüber. "Wichtig ist aber, dass die Elektronik nicht dazu führt, das Arbeit verlagert wird." Befürchtungen, dass die langfristige Umstellung zu Stellenstreichungen führen könnte, wies Stickelberger zurück. Sie habe nicht die Einsparung von Personal zum Ziel.

Der Datenschutz sei gewährleistet, gibt sich der SPD-Politiker überzeugt. Anders als vom Bund empfohlen setzt die baden-württembergische Justiz nicht auf De-Mail. "Die Justiz hat ein eigenes Mail-System. Die Daten sind auf dem ganzen Weg verschlüsselt. Das System wird schon seit 2007 benutzt. Die richterliche Unabhängigkeit sehe er nicht in Gefahr. "Wir geben ihnen einfach ein elektronisches Schreibzeug und eine Tafel an die Hand, auf der sie arbeiten können. Der Kern der richterlichen Tätigkeit ist abwägen und beurteilen. Das macht der Richter auch in Zukunft, nur mit anderen Hilfsmitteln." (hob)