Europa außen vor bei der Vorbereitung wichtiger Internetkonferenzen

Nur amerikanische Firmen wurden von der Internationalen Handelskammer als Wirtschaftsvertreter für die Vorbereitung des von Brasilien initiierten Internetgipfel bestimmt.

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Von
  • Monika Ermert

Google, 21st Century Fox, Facebook und Microsoft und US Internet Policy Consultant Marilyn Cade, früher AT&T, vertreten die Internetwirtschaft bei der Auswahl von Wirtschaftsvertretern für den von Brasilien initiierten Internetgipfel Global Multistakeholder Meeting on Internet Governance 2014. Gibt es gar keine Internetunternehmen außerhalb der USA mehr? – fragten unverhohlen sarkastisch Beobachter nach.

Die vier Riesen wurden von der "Business Action to Support the Information Society" der Internationalen Handelskammer (ICC-Basis) als Vertreter in der neugeschaffenen Initiative 1Net ausgewählt. Die erste Aufgabe von 1Net ist es, die nach Snowdens Enthüllungen kurzfristig anberaumte Brasilienkonferenz im April mit vorzubereiten.

Ziel dieser Konferenz in Sao Paulo sind mögliche Reformen im Ökosystem globale Netzverwaltung. Neben einem möglichen "Fahrplan" für diese Reformen steht aber auch der Vorschlag im Raum, gemeinsame Empfehlungen zu Grundrechten im Netz zu verabschieden. Dabei könne man auf fast zwei Dutzend Vorentwürfe zurückgreifen, erklärt der deutsche Internet Governance Experte Wolfgang Kleinwächter. Kleinwächter, der gerade neu in den ehrenamtlichen Vorstand der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) gewählt wurde, rät gleichzeitig zu Realismus, was die möglichen Ergebnisse des außerordentlichen Netz-Gipfels anbelangt.

Insgesamt erwarten die brasilianischen Organisatoren 450 Regierungsvertreter, 450-550 Wirtschafts- und Nicht-Regierungs-Vertreter, 50 Vertreter internationaler Organisationen und bis zu 100 Journalisten. 1Net soll nun gleich mehrere Gremien für die Konferenz mit Unternehmensvertretern und Verbraucherschutz-/Bürgerrechtsorganisationen füllen. Ein 26-köpfiges High- Level-Gremium (12 Regierungen, 12 Wirtschafts-/Nutzer-/Technikervertreter, 2 UN-Repräsentanten) die politischen Botschaften der Brasilienkonferenz vorbereiten und koordinieren. Außerdem möchten die brasilianischen Organisatoren auch an der konkreten Planung des kurzfristig anberaumten Gipfels Vertreter aller Gruppen beteiligen.

Genau an der Wahl von Vertretern für die verschiedenen Interessensgruppen hakt es. Auch unter den zivilgesellschaftlichen Gruppen rumort es angesichts der aus dem Boden gestampften neuen Posten. Ist die Liste mit Vertretern aus Brasilien, Japan, Süd Afrika, Serbien und Indien repräsentativ genug? Der im Zuge des UN-Weltgipfels entstandene Internet Governance Caucus und das jüngere, indirekt auch von Google unterstützte BestBits-Forum, hatten sich eigens abgestimmt. Nun meldet aber auch ein Vertreter des Community Informatics Research Network Vertretungsansprüche an. "Multi-Stakeholder" ist schwer.

Dabei geht es 2014 auch darum, das in der Verwaltung von Internetressourcen entwickelte Selbstverwaltungsmodell zu verteidigen. 2014 bringt neben der Brasilienkonferenz noch eine mögliche Vorentscheidung über die Zukunft des Internet Governance Forum (IGF), das ihre Multi-Stakeholder Advisary group neu organisieren will. Das IFG ist zwar Multi-Stakeholder, darf aber noch nicht einmal Empfehlungen verabschieden. Im Herbst tagt außerdem das Gegenmodell: die Vollversammlung der Internationalen Fernmeldeunion denkt dann in Korea wieder einmal darüber nach, ob sie nicht staatlichen Akteuren mehr Mitbestimmung einräumen und sich mehr ums Internet kümmern soll. (as)