Eine Batterie aus Sepia-Tinte

Forscher der Carnegie Mellon University haben eine biologisch abbaubare Batterie entwickelt, die elektronische Pillen mit Strom versorgen soll. Damit könnten bestimmte Medikamente effektiver verarbreicht und wichtige Körperfunktionen von innen heraus gemessen werden.

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Von
  • Katherine Bourzac

Forscher der Carnegie Mellon University haben eine biologisch abbaubare Batterie entwickelt, die elektronische Pillen mit Strom versorgen soll. Damit könnten bestimmte Medikamente effektiver verarbreicht und wichtige Körperfunktionen von innen heraus gemessen werden.

Etliche Menschen leben bereits mit Implantaten wie Herzschrittmachern oder Defibrillatoren, die von Batterien mit Strom versorgt werden. Allerdings müssen die Stromspender noch eingekapselt werden, weil sich ihre Materialien nicht mit der „Wetware“ des menschlichen Körpers vertragen. Inspiriert von Tintenfischen, haben Materialwissenschaftler der Carnegie Mellon University (CMU) nun eine ganz neue Batterie entwickelt: „Statt mit Lithium und toxischen Elektrolyten, die gut funktionieren, aber nicht biokompatibel sind, haben wir uns für ein biologisches Material entschieden“, sagt Christopher Bettinger, der das Forschungsprojekt leitet.

Der Prototyp der CMU-Forscher verwendet als Anodenmaterial das Pigment Melanin, das der Tinte von Sepien ihre schwarze Färbung verleiht. Als Kathodenmaterial dient Manganoxid. Beide Stoffe können vom Körper in nicht-toxische Reststoffe abgebaut werden, wenn die Batterie ihre geplante Lebensdauer überschritten hat. Eine Beschreibung des Prototyps haben Bettinger und seine Kollegen im Journal Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.

Die Bio-Batterie der CMU-Gruppe könnte ein wichtiger Baustein sogenannter „smart pills“ werden. Die sollen, bestückt mit Sensoren, Heilungsprozesse überwachen, wohldosiert Medikamente ausschütten oder gar Blutgefäße und Nerven stimulieren.

Sie könnten zugleich eine anderes Problem lösen: Weil bestimmte Wirkstoffe wie Proteine im Magen zersetzt werden, müssen sie bislang in die Blutbahn injiziert werden. Mit Hilfe der elektronischen Pillen könnten Ärzte sie künftig auch oral verabreichen. Das wäre etwa für Therapien gegen Arthritis von Vorteil. Sportler könnten die Mikrogeräte auch einsetzen, um verschiedene Körperfunktionen wie die Temperatur zu überwachen, sagt Bettinger.

Die Melanin-Batterien erreichen zwar nicht die Leistung von Lithium-Ionen-Batterien. Das sei für medizinische Zwecke aber auch nicht nötig, betont Bettinger, der 2011 zu den „Innovators under 35“ von Technology Review gehörte. Die Geräte würden genug Strom produzieren, um einfache Sensoren mit Energie zu versorgen. Bettingers Gruppe experimetiert allerdings mit verschiedenen Melaninvarianten, um die Leistungsfähigkeit der Batterien noch zu erhöhen.

Auch andere Forschungsgruppen und Elektronikhersteller arbeiten bereits an elektronischen Pillen. Olympus etwa hat eine Kapsel entwickelt, die eine winzige Kamera enthält. Doch enthält die ebenso wie andere Prototypen noch eine konventionelle Elektronik. Deshalb könne man sie nicht einfach durch Hinunterschlucken einnehmen, sagt Bettinger.

Die Firma Proteus Digital Health aus Palo Alto hat bereits einen anderen Weg eingeschlagen. Bestandteil ihres Gesundheitsmonitoring-Systems sind Pillen, an denen ein kleiner Chip befestigt ist. Auf dem ist eine Identifikationsnummer gespeichert. Der Chip selbst steckt zwischen zwei Metallfolien, die zur Batterie werden, wenn sie mit Ionen in der Magenflüssigkeit in Berührung kommen.

Der Chip erzeugt dann ein schwaches elektrisches Feld, dass von einem Sensorarmband wahrgenommen werden kann. Mit Hilfe dieser „biogalvanischen Zelle“, wie Mark Zdeblick von Proteus Digital die Konstruktion nennt, sollen Ärzte verfolgen können, wann Patienten ihre Medikamente einnehmen.

Für anspruchsvollere Mikroimplantate und Smart Pills seien aber noch leistungsfähigere Batterien nötig, sagt John Rogers, der an der University of Illinois in Urbana-Champaign an bio-abbaubarer Elektronik forscht. Die CMU-Batterie sei ein Weg dorthin. Rogers selbst hat eine abbaubare Batterie entwickelt, die aus löslichen Metallen und Spurenelementen wie Magnesium und Molybdän besteht. Ein Paper, das die Konstruktion beschreibt, wird demnächst im Journal Advanced Materials veröffentlicht.

(nbo)