US-Politiker kritisieren Software-Industrie

Mit der Wurm-Epidemie, die "ILOVEYOU" vergangene Woche auslöste, hat sich unterdessen auch das US-amerikanische Repräsentantenhaus beschäftigt.

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Von
  • Christian Rabanus

Mit der Wurm-Epidemie, die "ILOVEYOU" vergangene Woche auslöste, hat sich unterdessen auch das US-amerikanische Repräsentantenhaus beschäftigt. In einer Anhörung vor dem Unterausschuss Technologie mussten gestern Vertreter der Softwareindustrie Rede und Antwort stehen. Vor allem der Anti-Viren-Spezialist McAfee geriet in die Schusslinie.

"Das muss ein demütigender Tag für McAfee gewesen sein", sagte der New Yorker Demokrat Anthony David Weiner. Dass es möglich war, dass sich der Wurm so schnell verbreiten konnte, sieht er als Anzeichen eines "höchst jämmerlichen Mankos" der Anti-Viren-Software-Hersteller. Auch Microsoft wurde vorgeworfen, sich zu wenig um die Sicherheit im Internet zu sorgen.

Nach jüngsten Schätzungen hat ILOVEYOU in den USA Schäden in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar angerichtet, weltweit geht man sogar von 30 Milliarden aus. Rund 98 Prozent der nordamerikanischen Unternehmen bekamen eine Wurm-Mail, in rund 65 Prozent der Fälle aktivierten unachtsame Nutzer den Wurm.

Wirtschaftsvertreter wiesen die Vorwürfe zurück. Sandra England von McAfee verteidigte ihre Firma: "Wir können von einem Virus nichts wissen, solange er nicht losgeschagen hat, solange er keinen Schaden angerichtet hat", sagte sie. Andere Vertreter der Wirtschaft argumentierten, dass Systeme von Microsoft nur deshalb so stark betroffen seien, "weil ihnen der Markt gehört". Prinzipiell seien aber andere Systeme genauso anfällig.

Generell herrschte von Wirtschaftsseite der Tenor vor, dass wenn das Internet ein relativ freies Medium bleiben soll, Viren nicht von vornherein ausgeschlossen werden können. "Wenn Sie ein geschlossenes Internet haben möchten, können Sie es bekommen – aber Sie müssen dafür zahlen", konterte Harris Miller von der Information Technology Association of America die Angriffe der Politiker. "Unglücklicherweise liegt in der Offenheit des Netzes seine Verwundbarkeit", fügte er hinzu.

Allerdings gab es auch selbstkritische Stimmen der Wirtschaftsvertreter: Peter Neumann, ein Computerwissenschaftler von SRI International, der zwar selbst nicht bei der Anhörung anwesend war, aber eine schriftliche Stellungnahme beisteuerte, zeigte sich besorgt darüber, dass die Sicherheit im Internet unter ökonomischen Interessen der Software-Industrie leide. "Wenn Autos so oft zurückgerufen würden wie Fehler in Computer-Systemen entdeckt werden, würden wir immer noch auf Pferden reiten", sagte er.

Alle Beteiligten der Anhörung waren sich aber darüber einig, dass die Systemsicherheit wesentlich vom Benutzerverhalten abhängt. "Warum sollte man in geschäftlicher Umgebung eine Mail öffnen, die mit 'I LOVE YOU' betitelt ist? Der gesunde Menschenverstand sollte einen davon abhalten, eine solche Mail zu öffnen, wenn sie nicht von jemandem kommt, der wirklich 'I LOVE YOU' mailen könnte", sagte Miller. (chr)