EU-Verbraucherschutz aus Expertensicht noch nicht ausgereift

Im Ausland lebende Internet- oder Gewinnspiel-Betrüger dingfest zu machen, gelinge so gut wie nie: "Da muss etwas passieren", forderte der Leiter des Europäischen Verbraucherzentrums mit Blick auf den Verbraucherschutz in Europa.

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  • dpa

Trotz vieler einheitlicher Standards stößt der Verbraucherschutz in der Europäischen Union aus Expertensicht noch immer zu schnell an seine Grenzen. "Die Durchsetzung der Rechte auf Behördenebene funktioniert nicht", sagte der Leiter des Europäischen Verbraucherzentrums in Deutschland, Bernd Krieger, in einem Gespräch mit dpa. "Da muss etwas passieren." Im Ausland lebende Internet- oder Gewinnspiel-Betrüger dingfest zu machen, gelinge so gut wie nie - selbst wenn deren Telefonnummern oder Kontodaten der Polizei bekannt seien. "Recht zu haben und Recht zu bekommen sind zwei Paar Schuhe", sagte Krieger.

Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets in den EU-Staaten habe die Zahl der Betrügereien rapide zugenommen. "Unser deprimierendes Fazit ist, dass es immer häufiger darum geht, Verbraucher vor Betrügern zu schützen", sagte Krieger. "Die klassischen Verbraucherrechte geraten völlig in den Hintergrund." Die deutsche Polizei könne die Täter meist aber nicht ermitteln, und im Ausland werde die Tat gar nicht weiter verfolgt. Dies gelte umgekehrt jedoch genauso, stellte er klar: Auch von Deutschland aus werde EU-weit betrogen, die betroffenen Verbraucher aus dem Ausland hätten dann das gleiche Problem.

Anders als die deutschen Verbraucherzentralen schaltet sich das Europäische Verbraucherzentrum immer dann ein, wenn Anbieter und Kunde in unterschiedlichen Ländern zu Hause sind. Jedes der 27 EU-Mitglieder verfüge über eine solche Einrichtung, berichtete Krieger. Streitfälle gebe es aber nicht nur im Internethandel, sondern auch bei Telefontarifen, bei Gesundheitsleistungen oder bei Kauf und Überführung von Gebrauchtwagen innerhalb der EU.

"Deutschland ist dabei allerdings ein Exot, weil wir hier unabhängig vom Staat agieren", betonte er. In fast allen anderen Ländern nehme das Verbraucherzentrum den Status einer Behörde ein und sei damit automatisch zur Neutralität verpflichtet. "Wenn ich die Interessen der Verbraucher wahren will, muss ich allerdings Partei ergreifen können", kritisierte Krieger. Wer nur bestehende Gesetze anwenden dürfe, könne die Situation nicht verbessern.

Krieger wandte sich auch gegen den Plan der EU-Kommission, den Verbraucherschutz in den Mitgliedsstaaten vollständig anzugleichen. Einheitliche Standards seien natürlich notwendig, sagte er. Wer den Verbraucherschutz darüber hinaus ausbauen wolle, müsse dies aber auch tun dürfen. Der Bundesrat hatte dem Vorhaben bereits Anfang März aus dem gleichen Grund eine Absage erteilt. (Nico Esch, dpa) / (jk)