Journalistenpreis für ZDF-Produktion "World Wide War – Der geheime Kampf um die Daten"

Der preisgekrönte Fernsehjournalist und Autor Elmar Theveßen erklärte die NSA-Affäre mit der These: "Diese Datensammelei findet statt, weil es bereits einen Cyberkrieg gibt."

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  • Detlef Borchers

Die ZDF-Sendung World Wide War. Der geheime Kampf um die Daten hat den zum dritten Mal ausgeschriebenen Journalistenpreis des Forschungsnetzwerkes Surveillance Studies gewonnen. Der Fernsehjournalist und Autor Elmar Theveßen, der in Hamburg den Preis stellvertretend für das gesamte Team mit Heike Slansky, Johannes Hano und Thomas Reichart entgegennahm, erklärte die NSA-Affäre mit der These: "Diese Datensammelei findet statt, weil es bereits einen Cyberkrieg gibt."

Gewinner Theveßen erläutert die ZDF-Doku.

(Bild: Detlef Borchers)

Dem Journalistenteam sei es gelungen, ein umfassendes Portrait der NSA-Überwachung zu liefern und so das Thema für ein breites Publikum verständlich zu machen, erläuterte Nils Zurawski vom ausrichtenden Forschungsnetzwerk die Entscheidung der Jury. Er präsentierte einen Ausschnitt aus der Dokumentation, der c't-Autoren und Redakteure bei der Recherche zur Verletzlichkeit von SCADA-Systemen zeigte, mit denen Kraftwerke oder Kirchenglocken gesteuert werden.

Unter Verweis auf die neuesten Erkenntnisse der NSA-Abteilung Tailored Access Operations warnte Elmar Theveßen die Zuhörer: "Jedes Endgerät kann man knacken. Allerdings sei der Zugriff auf einzelne identifizierte Geräte wie etwa das Handy der Bundeskanzlerin nur denkbar, wenn der globale Zugriff auf (Provider) Daten möglich ist. Hier liege das eigentliche Problem."

Der Journalistenpreis von Surveillance Studies war 2011 ursprünglich als Wissenschaftspreis gedacht, stieß aber auf geringe Resonanz. Mit der Auszeichnung sollen Arbeiten bedacht werden, die Techniken und Möglichkeiten der Überwachung erklären und die Öffentlichkeit sensibilisiert.

vlnr: Zurawski, Theveßen und Nagenborg

(Bild: Detlef Borchers)

Die Laudatio hielt der Technikphilosoph Michael Nagenborg, bekannt geworden durch Forschungen über ethische Fragen beim Einsatz von Körperscannern. Er fragte, wie die Entwicklung von der Wettervorhersage und den Werbeanalysen der Seifenfabrikanten bis hin zu Precrime-Installationen wie IBMs BlueCrush denkbar sei. Technologisch führte Nagenborg die Ursprünge dieses Denkens auf den Anti-Aircraft Predictor von Norbert Wiener zurück, ein kybernetisches Rechenmodell für die Voreinstellung von Flugabwehrgeschützen.

Philosophisch beschäftigte sich der Laudator mit dem Ansatz von Ernst Cassirer, der den Menschen als Wesen begreift, das ohne vermittelndes Symbolnetz nicht funktioniert. Als animal symbolicum sei der Mensch in der Lage, Mitmenschen zu Objekten zu machen, wenn er sie überwacht, da sie Feinde sein könnten. (anw)