Schweizer Parlament verabschiedet Pornoverbot auf Handys

Der Nationalrat hat gestern prinzipiell für ein Verbot von Pornografie und Gewaltdarstellungen auf Handys gestimmt. Dabei stehe aber vor allem der Jugendschutz im Vordergrund und nicht ein Totalverbot.

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Von
  • Tom Sperlich

Nach der kleinen Kammer, dem Ständerat, hat sich nun auch die große Kammer des Schweizer Parlaments, der Nationalrat, mit 103:52 Stimmen bei 18 Enthaltungen dafür ausgesprochen, dass die Regierung (der Bundesrat) gegen ihren Willen Gesetzesbestimmungen für ein Verbot von Pornografie und Gewaltdarstellungen auf Handys ausarbeiten muss.

Da es mit der modernen Technik unmöglich geworden sei, den Empfängerkreis von Pornografie zu bestimmen und zu begrenzen, soll ein generelles Verbot des kommerziellen Anbietens von Pornografie über Fernmeldeeinrichtungen erlassen werden, fordert der Ständerat in einem parlamentarischen Vorstoß (Motion). Das eigentliche Ziel sei, Jugendliche unter 16 Jahren vor Inhalten zu schützen, welche sich auf ihre Entwicklung nachteilig auswirken könnten.

Die bestehenden gesetzlichen Regelungen seien bereits ausreichend, sagte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf am Donnerstag im Nationalrat. Dass Jugendliche entsprechende Angebote nutzten, sei weniger ein Problem der Gesetzgebung als vielmehr ein Problem des Gesetzesvollzugs. "Wer unter 16-jährigen Jugendlichen die Möglichkeit einräumt, in Kontakt mit pornografischen Darstellungen zu kommen – selbst dann, wenn der Täter keine kommerziellen Absichten verfolgt und unabhängig von der verwendeten Infrastruktur, mache sich bereits jetzt strafbar", erläuterte die Justizministerin in einer Erwiderung des Bundesrates. "Es wäre unverhältnismäßig, unter dem Vorwand des Jugendschutzes auch Erwachsenen den Zugang zur weichen Pornografie generell zu verweigern."

Widmer-Schlumpf wies außerdem darauf hin, "dass die Tatsache, dass Jugendliche Pornografie per Handy austauschen, wohl kaum ein Problem der Fernmeldegesetzgebung ist, denn Jugendliche können entsprechende Bilddateien auch ohne Beteiligung eines Anbieters von Fernmeldedienstleistungen auf ihre Multimedia-Handys laden". Dies sei auch die Praxis bei Jugendlichen, die nur über ein begrenztes Budget verfügen und eher nicht auf kostenpflichtige kommerzielle Inhalte zugreifen.

Ein weiterer parlamentarischer Vorstoß will die gesetzlichen Regelungen ausgedehnt auf "die eindringliche Darstellung grausamer Gewalttaten gegen Menschen oder Tiere" sehen. Generell ist dies zwar ebenfalls bereits unter Strafe gestellt, doch solle auch hier vor allem im Sinne des Jugendschutzes eine Anpassung an die modernen Kommunikationsmittel gewährleistet werden. Bundesrätin Widmer-Schlumpf erwiderte, dass es keinen speziellen Jugendschutz bei derartigen Gewaltdarstellungen geben müsse, da diese ohnehin für alle bereits verboten seien und "Mehrwertdienste für Gewaltdarstellungen sich in der Schweiz bereits heute unter keinen Umständen legal betreiben lassen".

Die Motion wurde trotz der erneuten Empfehlung des Bundesrates auf Ablehnung ebenfalls, mit 117 Stimmen zu 44 Stimmen angenommen, muss aber noch vor den Ständerat. Die Regierung muss nun, zumindest was das Pornoverbot für Handys betrifft, entsprechende neue Gesetzesbestimmungen ausarbeiten. Wie ein besserer Jugendschutz durchgesetzt werden soll, ohne dass es zu einem de-facto-Totalverbot von Pornografie auf Schweizer Handys kommt, erscheint derzeit noch unklar. Für nähere Auskünfte dazu standen derzeit weder die Administration der Schweizerischen Eidgenossenschaft noch der Interessenverband für die Regelung der Mehrwertdienste (SAVASS), der sich gegen neue gesetzliche Regelungen wendet, zur Verfügung. (Tom Sperlich) / (map)