Industrieprodukt Genomsequenz

Die US-Firma Illumina will mit neuen Hochdurchsatz-Maschinen die EntschlĂĽsselung menschlicher Genome endlich unter die 1000-Dollar-Grenze drĂĽcken und regelrechte Sequenzierfabriken etablieren.

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Von
  • Susan Young

Die US-Firma Illumina will mit neuen Hochdurchsatz-Maschinen die EntschlĂĽsselung menschlicher Genome endlich unter die 1000-Dollar-Grenze drĂĽcken und regelrechte Sequenzierfabriken etablieren.

Ein Genom für 1000 Dollar sequenzieren – mit dieser Vision wetteifern Start-ups und Forschungsgruppen seit einigen Jahren um einen Zukunftsmarkt. Bislang konnte jedoch niemand die Kostenschwelle unterschreiten. Illumina Inc. aus San Diego hat eine neue Sequenziermaschine vorgestellt, die dieses Ziel endlich erreichen soll. Laut CEO Jay Flatley soll die Maschine im März an die ersten Kunden ausgeliefert werden.

Nun sind solche Ankündigungen nichts Neues. Bereits 2012 erklärte die Firma Ion Torrent – die später von Life Technologies übernommen wurde –, man habe ein Gerät entwickelt, das ein Genom für unter 1000 Dollar entziffern könne. Die Genetik-Gemeinde wartet bis heute auf den Beweis. Die 1000-Dollar-Schwelle gilt ihr als entscheidend für den Durchbruch hin zu einer personalisierten Medizin, die Diagnosen anhand des jeweiligen Genoms erstellt.

Illumina will das scheinbar Unmögliche mit einer besseren Optik und einer schnelleren Chemie schaffen. Die „genetischen Buchstaben“ der DNA – die Basenpaare A-T und C-G – werden fluoreszent gemacht, ihr Muster dann aufgenommen.

Die neue Illumina-Maschine HiSeqX Ten sei zehn Mal schneller als das Vorgängermodell, sagt Flatley. Es gebe zwar noch schnellere Geräte, die hätten aber nicht die Genauigkeit. Das Gerät braucht laut Flatley für eine vollständige Genomsequenzierung drei Tage. Bei Teilsequenzierungen mit einer Qualität, die für die Genetik-Forschung ausreichend ist, sind sogar fünf Genome an einem Tag möglich.

Würden nur vier Labore ein System mit je zehn Illumina-Maschinen laufen lassen, könnten sie in diesem Jahr mehr Genome sequenzieren als sämtliche anderen Labore auf der Welt, so Flatley.

Die Hochdurchsatz-Maschine von Illumina dürfte indes für die meisten Labore noch zu teuer sein: zehn Millionen Dollar ruft die kalifornische Firma für ein System aus zehn Sequenzierern auf. Die ersten drei Kunden sind Branchenschwergewichte, die sich diesen Preis leisten können: Macrogen aus Seoul, das Broad Institute aus Boston und das Garvan Institute of Medical Research in Sydney.

In dem 1000-Dollar-Preis für ein Genom seien diese Anschaffungskosten ebenso wie die nötigen Chemikalien und andere Betriebskosten berücksichtigt, sagt Flatley. Voraussetzung ist, dass die Maschinen Zehntausende Genome pro Jahr aufschlüsseln.

Mit Hilfe solcher Geräte, die Genome „fabrikmäßig“ sequenzieren, werde die Nachfrage explodieren, ist sich Flatley sicher. Für die Medizin seien landesweite Genomdaten wichtig, um Krankheiten und die natürlichen Variationen in den menschlichen Genen besser zu verstehen. Es gibt bereits Großprojekte in dieser Richtung: etwa von der Organisation U.S. Veterans Affairs, die Gene von ehemaligen Soldaten untersuchen will, oder das Projekt 100K Genomes, das vom britischen National Health Service durchgeführt wird.

Wie genau genetische Veränderungen Krankheiten auslösen, ist in der Wissenschaft noch nicht geklärt. Bislang konnte sie nur einzelne Genvariationen bestimmten Erkrankungen zuordnen. „Wir haben in den nächsten Jahren die Chance, über die Genetik menschlicher Krankheiten so viel herauszufinden wie in der gesamten Medizingeschichte zuvor“, sagt Eric Lander, Direktor des Broad Institute, des Genomikzentrums von Harvard University und MIT.

(nbo)