Kohlestrom-Anteil klettert auf 45,5 Prozent

Eigentlich sollen flexible, CO2-ärmere Gaskraftwerke zusammen mit Sonne und Wind Träger der Energiewende werden. Doch der Stromanteil fällt weiter, während ausgerechnet Kohlemeiler auf Hochtouren laufen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 267 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Georg Ismar
  • dpa

Trotz der Energiewende kommt inzwischen fast jede zweite Kilowattstunde Strom aus Kohlekraftwerken. Der Anteil von Braun- und Steinkohle an der deutschen Stromerzeugung kletterte 2013 gegenüber dem Vorjahr von 44 auf 45,5 Prozent. Das geht aus am Dienstag in Berlin präsentierten Schätzungen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervor. Zugleich sank die Stromproduktion in teureren, aber weniger klimaschädlichen Gaskraftwerken weiter. Der Strommixanteil erneuerbarer Energien stieg 2013 laut BDEW von 22,8 auf 23,4 Prozent.

Der Anteil der Atomkraft sank geringfügig von 15,8 auf 15,4 Prozent. 2011 waren acht Meiler nach der Wende infolge der AKW-Havarie von Fukushima stillgelegt worden, die restlichen neun Anlagen sollen schrittweise bis 2022 vom Netz gehen. Die Abkehr von der Atomkraft wird vor allem von Kohlekraftwerken aufgefangen: Steinkohlekraftwerke trugen laut BDEW vergangenes Jahr voraussichtlich 19,7 Prozent (2012: 18,5) zur Stromproduktion bei. Braunkohleanlagen haben mit 25,8 Prozent (2012: 25,5) weiter den höchsten Anteil, teilte der BDEW mit.

Bei den Gaskraftwerken sank der Anteil an der Stromproduktion von 12,1 auf nur noch 10,5 Prozent – eigentlich sollten diese flexiblen Anlagen primär den Atomausstieg kompensieren. Wegen der je nach Wetter schwankenden Ökostromproduktion und fehlender Stromspeicher wird weiterhin ein hohes Maß an grundlastfähigen Kraftwerken nötig sein. Umweltschützer kritisieren wegen der CO2-Emissionen den hohen Kohlestromanteil und fordern bessere Bedingungen für Gaskraftwerke.

Als Hauptgrund für den steigenden Kohlestromanteil gilt der Preisverfall für CO2-Verschmutzungsrechte im EU-Emissionshandel. Das macht die Kohleverstromung billig. Die Braunkohlestromproduktion kletterte 2013 auf den höchsten Wert seit 1990 – bei allerdings sinkendem Braunkohleeinsatz wegen neuer, effizienterer Anlagen. Das beförderte auch einen neuen Stromexport-Rekord. Dieser kletterte – wie schon von der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen veröffentlicht – auf rund 33 Milliarden Kilowattstunden auf (2012: 23 Milliarden kWh). Ein großer Teil des Stroms ging in die Niederlande, hieß es.

Bei den erneuerbaren Energien kletterte die Stromerzeugung der Solaranlagen um 7,3 Prozent auf einen Anteil von 4,5 Prozent (2012: 4,2). Die Windstromproduktion ging witterungsbedingt um 3,5 Prozent zurück, der Strommixanteil betrug laut BDEW 7,9 Prozent (2012: 8,0). Biomasse hatte 6,8 Prozent Anteil (2012: 6,3), Wasser 3,4 Prozent (2012: 3,5) und Siedlungsabfälle wie 2012 0,8 Prozent Strommixanteil.

Der BDEW mahnte aus Kostengründen eine rasche Reform bei der Förderung erneuerbarer Energien an, deren Kosten seit 2002 nach Angaben der Regierung auf 120,4 Milliarden Euro angewachsen sind. "Kosteneffizienz muss nicht nur bei der Förderung der Erneuerbaren Energien, sondern auch bei der Minderung der CO2-Emissionen das zentrale politische Ziel für 2014 sein", betonte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Hildegard Müller, am Dienstag in Berlin.

Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) will bis Ostern Eckpunkte für eine günstigere Gestaltung der Energiewende vorlegen – vor allem bei Vergütungen für Windkraftanlagen an Land könnte gekürzt werden. Da aber alle bisher angeschlossenen Ökoenergie-Anlagen ihre Förderung auf 20 Jahre garantiert bekommen, wird noch jahrelang ein hoher Milliardenbetrag per Umlage auf die Stromrechnungen abgewälzt werden – 2014 werden es über 20 Milliarden Euro sein. Wegen der enormen "Altlasten" ist ein Sinken der Strompreise auch bei einer Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes laut Experten vorerst kaum möglich. (anw)