Schärferes Urheberrecht versus Künstlersozialabgaben für Google

In einem öffentlichen Aufruf beklagen deutsche Verleger Bedrohungen durch GoogleBooks und die angebliche Untätigkeit der Regierung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 76 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Thomas Pany

Das Vorhaben von Google, Bücher einzuscannen und Autoren dafür eine einmalige Entschädigung anzubieten, beunruhigt deutsche Verleger. Deshalb verfassten Manfred Meiner, Vittorio Klostermann und KD Wolff zusammen mit dem Heidelberger Literaturwissenschaftler Roland Reuß jetzt einen öffentlichen Appell. Zu den Erstunterzeichnern gehören der Zeit-Herausgeber Michael Naumann, der Chef des Carl Hanser Verlags Michael Krüger und namhafte Autoren wie Daniel Kehlmann ("Die Vermessung der Welt") und Sibylle Lewitscharoff, die kürzlich den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen hat.

Der öffentliche Aufruf beklagt, dass ein angeblich "verfassungsmäßig verbürgtes Grundrecht" von Urhebern auf freie und selbstbestimmte Publikation derzeit "massiven Angriffen ausgesetzt und nachhaltig bedroht" sei. So werde durch illegale Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Werke "geistiges Eigentum" auf Plattformen wie GoogleBooks oder YouTube "entwendet". In einem in der Frankfurter Rundschau erschienenen Artikel wirft der Literaturwissenschaftler Roland Reuß Google vor, dass man wenig Wert darauf lege, sich juristisch korrekt zu verhalten - mit "schamlosen freibeuternden Aktivitäten" würde eine "Enteignungskulisse" geschaffen. Die Bundesregierung würde angesichts dieser Bedrohung mit einer "völlig unverständlichen Lethargie" reagieren, werden die Initiatoren des öffentlichen Aufrufs von der FAZ zitiert. Im Zentrum des Appells steht daher die Forderung an die Bundesregierung, das "bestehende Urheberrecht entschlossener und mit allen Mitteln" zu verteidigen.

In einem Artikel, der am Freitag, also vor der Veröffentlichung des Aufrufes, erschien, machte Ilja Braun in der Onlineausgabe der Welt auf den eingeschränkten Nutzen solcher Vorstöße und die grundsätzlichen Interessensunterschiede von Autoren und Verlagen aufmerksam. Er bringt ein anderes "Instrument zur Existenzsicherung von Kreativschaffenden" ins Spiel, da, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kaum ein Autor heute von den Verkäufen seiner Bücher lebe – "geschweige denn von den Erträgen aus digitalen Nutzungen". Nach einer Idee der Hamburger Kulturwissenschaftlerin Meike Richter könnte Google dazu verpflichtet werden – wie die Verlage – in die Künstlersozialkasse einzuzahlen. Da Google als Suchmaschine schon jetzt mit Inhalten, die von freien Autoren geschaffen werden, weit mehr Geld verdiene als Buchverlage mit der Publikation solcher Werke, wäre es demnach "nur recht und billig, Google zur Kasse zu bitten".

Solch ein Modell, das von der Idee einer Kulturflatrate, einer kollektiven Urhebervergütung für Inhalte im Netz, komplettiert wird, würde auch mit den Ergebnissen der Motivationsforschung konform gehen. Danach bieten hohe Profite für Wenige kaum oder sogar negativen Anreiz für kreative Leistungen, während dagegen eine stärkere soziale Absicherung solches durchaus zu leisten vermag. ()