Kommentar: Facebook - mit Viel-Apperei die Not zur Tugend machen

Facebook will mehr als nur einen Platz auf Ihrem Handy zu Geld machen. Wie bei Monopoly zählt die Vielfalt an Angeboten.

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Inhaltsverzeichnis

Mehr als sechs Milliarden Likes. Täglich. 'nough said. Eigentlich.

Soweit zum Ist-Zustand. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bleibt hier natürlich nicht stehen. Er weiß, dass er in Nordamerika kaum noch Wachstum bei den Facebook-Konten schaffen kann. Dabei bringt jedes dieser Konten den zirka dreifachen Umsatz eines durchschnittlichen Facebook-Benutzers. Zuckerberg weiß auch, dass die Zahl der Facebook-User auf Desktops und Laptops rückläufig ist. Derzeit noch langsam, aber das kann sich bald beschleunigen.

Also setzt er auf Apps. Nicht mehr bloß auf eine Facebook-App, sondern auf viele verschiedene Apps. Poke und Camera waren erste Gehversuche, die zum verlassenen Treibgut geworden sind. Schwamm drüber. Aber die Apps für Facebook, Instagram und Messenger sind heiß begehrt. Facebook Groups dürfte bald dazustoßen.

Ein Kommentar von Daniel AJ Sokolov

Daniel AJ Sokolov schreibt seit 2002 für heise online und c't, anfangs aus Wien. Seit 2012 versucht er als Nordamerika-Korrespondent von heise online, Kanadier und US-Amerikaner zu verstehen und ihr Wesen begreiflich zu machen.

"Es wird viele verschiedene Apps geben, und Facebook hatte immer die Mission, Leuten dabei zu helfen, jede Art von Inhalt mit jeglichen Zuschauern zu teilen, aber historisch gesehen haben wir das mit einer einzelnen App gemacht", führte Zuckerberg in einer Telefonkonferenz mit Finanzanalysten aus. "Und eine der Statistiken, die ich heute (mit Ihnen) geteilt habe, ist, dass wir mehr als eine halbe Milliarde Leute haben, die Facebook Groups jedes Monat nutzen." Viele Leute würden diesem Umstand keine Aufmerksamkeit schenken, "weil es als ein Feature der Facebook-App gesehen wurde und nicht als eigenständiges Produkt."

Das sagt viel über seine Herangehensweise aus. Nicht jede App wird die Marke Facebook ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellen. So macht das Unternehmen mit Viel-Apperei eine Not zur Tugend: Die jungen Teens finden Facebook uncool. Sie wollen nicht ihre Eltern und deren Freunde als Facebook-Friends haben. Sie wollen (und müssen) sich ihre eigenen Sozialräume erobern.

Wenn es Facebook gelingt, das richtige Angebot zu machen, ohne das groß "Facebook" draufsteht, kann es auch die nächste Generation zu Geld machen. Und darum geht es Zuckerberg und seinen Investoren schließlich.

Sollte die eine App nicht passen, tut es vielleicht eine der nächsten zwölf. Facebook sitzt auf einem mehr als elf Milliarden Dollar hohen Geldberg und kann sich Zukäufe leisten. Und App-Experimente allemal. Außerdem besitzt das Unternehmen ungeahnte Daten über die Nutzer. Ihr Verhalten wird ausgewertet, und sie werden ausgefragt. 35.000 Fragebogen über Facebook werden jeden Tag auf Facebook ausgefüllt.

Ja, es muss nicht einmal die eigene App sein, solange nur der Rubel rollt. Facebook bewirbt in seinen Apps bereits Apps anderer Anbieter und legt eine Rutsche zur schnellen Installation. Neuerdings geht das noch einen Schritt weiter: Bereits installierte Apps werden beworben, damit die User sie nicht vergessen. Sie sollen die einmal installierten Apps gefälligst auch nutzen.

"Das funktioniert besser, als wir gehofft hatten", verriet Facebooks Chief Operating Officer Sheryl Sandberg bei der Telefon-Konferenz. "Wir helfen Entwicklern, neue Kunden zu gewinnen und sie (bei der Stange) zu halten."

Auch aus diesen Statistiken lässt sich viel ableiten. Vielleicht mehr, als den Entwicklern der Apps und den Nutzern lieb ist.

Siehe dazu auch:

(jk)