Popkomm: Musikmanager fordert Ende des Kampfs gegen die Netzpiraterie

Peter Jenner, alter Hase im Musikgeschäft und Ex-Manager von Bands wie Pink Floyd, hat sich für die Suche nach Wegen zur Vergütung von Filesharing auf internationaler Ebene und stärkere Preisdifferenzierungen ausgesprochen.

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Peter Jenner, alter Hase im Musikgeschäft und Ex-Manager von Bands wie Pink Floyd, hat sich auf der Popkomm in Berlin für ein Ende des Kampfs der Rechteinhaber gegen die vielfach beschworene Internetpiraterie ausgesprochen. Schon der konzeptionelle Ansatz der Bemühungen zum Stopp von "Raubkopien" im privaten Umfeld sei falsch, da es sich beim Filesharing meist um ein Pendant zum rechtlich ganz legalen Verleihen von CDs im Freundeskreis handle. Statt weiter gegen das sich bereits eingebürgerte Verhalten der Verbraucher beim Nutzen von Peer-to-Peer-Netzen (P2P) vorzugehen, sollte die Musikwirtschaft besser auf internationaler Ebene wie der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) nach Wegen suchen, die Praktiken der Nutzer über Vergütungsansätze wie eine "Kultur-Flatrate" oder andere Pauschaltarife in bare Münze zu verwandeln.

Den Ansatz der Musikindustrie, auf das "exklusive" Urheberrecht zu setzen, hält Jenner für verfehlt. Copyrights seien in einer Welt voller Mashups sowie MySpace und YouTube in den meisten Fällen nicht mehr durchsetzbar. Schon eine Live-Aufführung werfe zudem massive Rechte- und Vergütungsfragen auf, wenn man nur an den Künstler, die Plattenfirma, den Veranstaltungsort oder den Tour-Manager denke. Eine separate Rechtelizenzierung sei kaum noch handhabbar. Es müssten daher Ansätze für eine Basisvergütung von Musikern gefunden werden. Das Internet habe man sich dabei als eine Art globales Radio vorzustellen, nicht als gigantischen Shop.

Aufbauend auf eine größtenteils pauschale Entschädigung für Künstler sieht Jenner Raum für unterschiedlichste Mehrwertdienste. "Musik ist nicht für alle immer das gleiche Produkt", forderte der Musikmanager mehr Kreativität bei der Vermarktung etwa von physikalischen Alben ein. Während ein reiner Song eventuell kostenlos wegzugeben sei, könnten für spezielle Sammlungen und ein ansprechendes Drumherum teils Hunderte von Euro erzielt werden.

Shira Perlmutter, Rechtsexpertin bei der Internationalen Föderation der Phonographischen Industrie (IFPI), stimmte mit Jenner in seinem Ruf nach stärker differenzierten Geschäftsmodellen überein. Exklusive Rechte könnten teils aber durchaus noch durchgefochten werden. Es gebe auch Möglichkeiten, illegale Filesharing-Aktivitäten einzudämmen und zugleich den Verbrauchern flexible Wege für das Äquivalent zum Tausch von CDs im privaten Umfeld an die Hand zu geben. Die WIPO könne die Urheberrechtsverletzungen im Netz sicher nicht mit einem neuen Vertrag stoppen. Die UN-Institution sei aber imstande, als Informationszentrum über Lösungen in dieser Richtung zu dienen. Anne-Catherine Lorrain vom Verbraucherschutzdachverband TransAtlantic Consumer Dialogue (TACD) kündigte zugleich den Start einer Plattform im kommenden Jahr an, um Debatten zwischen Rechteinhabern und Nutzern über Filesharing, den Erhalt von Privatkopien und Vergütungsformen zu führen.

Malte Spitz vom Bundesvorstand der Grünen appellierte derweil ebenfalls an die Musikindustrie, "sich endlich offen einer Diskussion über neue Nutzungsformen kreativer Inhalte im Internet und einer sinnvollen und fairen Vergütung dafür zu stellen". Die technischen Möglichkeiten des Internet hätten die Lebensrealität von Musikkonsumenten verändert. Dem müsse die Branche endlich Rechnung tragen: "Höhere Strafen und den einseitigen Schutz der Rechteinhaber lehnen wir ab." Wo neue Wege auf dem Musikmarkt gegangen würden, führten diese dagegen zu Erfolgen. Spitze nannte in diesem Zusammenhang etwa Urheberrechte weniger strikt fassende Lizenzierungsformen wie Creative Commons, Ansätze zur kostengünstigen Direktvermarktung sowie neue Förderungsmöglichkeiten für Nachwuchsmusiker. (Stefan Krempl) / (pmz)