ACTA: Kritik an geplantem Abkommen gegen Produktpiraterie

Mit der Veröffentlichung eines internen Papiers erhält die Kritik an dem geplanten internationalen Abkommen gegen Produktpiraterie neue Nahrung. Im Rahmen des Abkommens soll die strafrechtliche Verfolgung von Schutzrechtsverletzungen erleichtert werden.

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Von
  • Volker Briegleb

Seit vergangener Woche kursiert im Netz ein angeblicher Entwurf zum geplanten internationalen Handelsabkommen gegen die Verletzung geistiger Eigentumsrechte. Das von Wikileaks veröffentlichte Dokument soll als Diskussionsgrundlage für teilnehmende Regierungen und die Interessenvertreter der Industrie dienen. In dem vierseitigen Papier umreißen die Autoren mögliche Eckpunkte des geplanten "Anti Counterfeiting Trade Agreement" (ACTA) sowie konkrete Maßnahmen zur Eindämmung von Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen.

Unbestätigten Berichten zufolge soll der Entwurf auch beim Treffen der G8-Staaten im Juli in Tokio besprochen werden. Nach ursprünglichen Angaben der EU-Kommission sollte ACTA dagegen nicht im Rahmen der G8, der WTO oder anderer Institutionen vorangetrieben werden. Im Oktober 2007 hatten sich die USA und die EU sowie weitere Staaten grundsätzlich auf eine gemeinsame Vorgehensweise verständigt. Die Herkunft des Entwurfs ist unterdessen unklar. Das Papier wird in einigen Berichten dem Büro der US-Handelsbeauftragten zugeschrieben, das die Verhandlungen für die USA führt.

Die in dem Papier vorgesehenen Maßnahmen sind weit gefasst und entsprechend weitreichend. Kritiker bemängeln vor allem, dass die Verhandlungen über das Abkommen hinter verschlossenen Türen ohne die Beteiligung von Vertretern der Zivilgesellschaft stattfinden und bisher nichts über konkrete Pläne nach außen drang. Sie fürchten, dass die ACTA-Länder im Zusammenspiel mit Industrievertretern einen neuen Akteur außerhalb der internationalen Organe etablieren, der nur von den jeweiligen Mitgliedsländern kontrolliert wird. Zudem reichten die vorgeschlagenen Maßnahmen teilweise über die jeweils geltenden nationalen Gesetze hinaus.

Die zunehmende Verletzung von geistigen Eigentumsrechten insbesondere im Bereich der Produktfälschungen und "Piraterie" bedrohe die nachhaltige Entwicklung der Weltwirtschaft, heißt es in dem Dokument. Ziel des geplanten Handelsabkommens sei die verstärkte internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung solcher Delikte. Weitere Säulen der Kooperation sollen mit Rechteinhabern abgestimmte Anstrengungen bei der Verfolgung sowie ein angepasster Rechtsrahmen sein. Die ACTA-Gründerstaaten wollen sich auf ein möglichst weit reichendes Abkommen verständigen, dem weitere Länder dann beitreten können.

Im Rahmen des Abkommens soll dem Papier zufolge die strafrechtliche Verfolgung von Schutzrechtsverletzungen erleichtert werden. Die Behörden sollen auch ohne Anzeige der geschädigten Rechteinhaber aktiv werden können. Zudem solle mit dem Abkommen die Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Parteien gefördert werden. Eine bereits als "Pirate-Bay-Killer" bezeichnete Klausel soll die strafrechtliche Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen ohne Bereicherungsabsicht ermöglichen. Explizit erwähnt der Entwurf zudem einen Rechtsrahmen, der Internet-Provider bei mutmaßlichen Rechtsverletzungen zur Zusammenarbeit mit den Rechteinhabern "ermutigen" solle.

Konkrete Befugnisse für Zollbehörden sollen die Beschlagnahmung mutmaßlicher Fälschungen auf eigene Initiative oder auf Hinweis der Rechteinhaber erleichtern. Einem kanadischen Medienbericht zufolge könnten Zollbeamte danach künftig die Inhalte der von Reisenden mitgeführten Medienträger kontrollieren und auf mögliche Rechtsverletzungen überprüfen. (vbr)