Google eröffnet Lobbybüro in Berlin

Bei einem "Get Together" in Berlin hat der Suchmaschinenprimus die Ankunft in der Hauptstadt mit einem Lobbybüro gefeiert. Googles Europachef Philipp Schindler will bei Datenschützern umstrittene Anwendungen der Politik verständlicher machen.

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Googles Nord- und Zentraleuropa-Chef Philipp Schindler (hier links im Bild mit Fernsehmoderator Cherno Jobatey): "Wir wollen als transparenter und offener Gesprächspartner wahrgenommen werden."

Google hat am gestrigen Dienstagabend bei einem "Get Together" mit Vertretern aus Politik, Verbänden, Wirtschaft und Medien die Landung in Berlin mit einem Lobbybüro gefeiert. "Wir sind endlich in der Hauptstadt angekommen", freute sich Annete Kroeber-Riehl, Leiterin der Berliner Niederlassung und Regulierungsbeauftragte des Suchmaschinenprimus bei dem von "YouTube-Künstlern" wie Anna Coralee untermalten Empfang auf der Dachterrasse des ehemaligen Technoschuppens E-Werk. Googles Nord- und Zentraleuropa-Chef, Philipp Schindler, ergänzte: "Wir wollen als transparenter und offener Gesprächspartner wahrgenommen werden." Es gehe auf dem parlamentarischen Abend und mit der inzwischen über einem Jahr alten Hauptstadtniederlassung darum, einerseits "Ängste gegenüber unseren Produkten zu verstehen" und andererseits die eigenen Applikationen verständlicher zu machen.

Der rasch wachsende Suchmaschinengigant wird von Politikern, Datenschützern und Forschern wegen seines Ansatzes zur Verwaltung des riesigen Datenaufkommens im Internet oft skeptisch beäugt. Konkret gibt es seit Längerem Streit etwa über die Länge der Speicherung von Suchanfragen nebst IP-Adressen, wo Google 18 Monate für angemessen hält. Europäische Datenschützer wollen eine maximale Vorhaltung von höchstens sechs Monaten durchsetzen, während das Telemediengesetz (TMG) hierzulande eine "unverzügliche" Löschung personenbezogener Datensätze verlangt.

Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix (im Bild rechts mit Annete Kroeber-Riehl, Leiterin der Berliner Google-Niederlassung) hält maximal eine Aufbewahrung von Suchanfragen für "eine Woche oder zehhn Tage" für gerechtfertigt.

Demnach sei maximal eine Aufbewahrung von Suchanfragen für "eine Woche oder zehn Tage" zu rechtfertigen, erklärte der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix bei dem Google-Event gegenüber heise online. Er hoffe, dass die Aufsichtsbehörden vor allem in Hamburg, wo der Suchmaschinenbetreiber seinen Deutschland-Sitz hat, "Zähne zeigen" und die hiesige Rechtslage durchsetzen. Weiteres enormes Konfliktpotenzial tut sich zugleich mit dem gerade angekündigten Start von Google "Street View" auch in Deutschland auf. Mit der Applikation will der US-Internetkonzern die Straßenzüge deutscher Städte flächendeckend fotografieren und als Zusatzservice etwa über den Kartendienst Google Maps zugänglich machen.

Die politischen Redner beim Get Together erwähnten Aspekte wie Datenschutz und Datensicherheit nur am Rande. Andreas Storm, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, begrüßte, dass Google einen für die Wissenschaft unerlässlichen "freien Zugang zu Daten, Fakten und Ergebnissen eröffnet hat". Zugleich lobte der CDU-Politiker, dass die Firma mehr als ein Drittel ihres Vorsteuergewinns in Forschung und Entwicklung finanziere. Da wäre es nur noch schöner, wenn Google hierzulande noch mehr Mittel in Labors stecke als bisher.

Den geheim gehaltenen Pagerank-Algorithmus des Suchmaschinenanbieters zur Gewichtung von Ergebnissen bezeichnete Storm als ein besonders gutes praktisches Beispiel für die Bedeutung der Mathematik in dem den Rechenkünsten gewidmeten deutschen Forschungsjahr. Über 500 Millionen Variablen flössen in die Berechnung des Bewertungsansatzes ein. Künftig mit entscheidend würden aber auch Ansätze zur "semantischen Suche". Die Bundesregierung finanziert in diesem Zusammenhang das von Google unabhängige Forschungsprojekt "Theseus" mit. (Stefan Krempl) / (jo)